Gesundheitsreform
Schwangere zahlen mehr - und manchmal zu Unrecht
von Arndt Ginzel
Eigentlich ist alles klar: Medizinische Vorsorge für Schwangere bleibt auch nach der Gesundheitsreform kostenlos, also zuzahlungsfrei. Tatsächlich aber muss fast jede werdende Mutter Praxisgebühr und mehr bezahlen. Denn vorgeschrieben sind nur Minimalleistungen. So zählen die Herztonkontrolle ab der 28. Woche und bakteriologische Untersuchungen nicht zur Vorsorge.
Werdende Mütter haben es seit Einführung der Gesundheitsreform nicht leicht. Viele Fragen, Ratlosigkeit bei Ärzten, Kassen und Behörden. Was beschert die Gesundheitsreform den Schwangeren? "Man kriegt halt nicht mehr so einfach alles bezahlt. Das gilt für Sozialhilfeempfänger genauso wie für Schwangere", heißt es in der Pressestelle des Gesundheitsministeriums. Eines sei klar: Die Vorsorge für werdende Mütter ist generell kostenlos.
Was fällt unter Vorsorge?
Was Vorsorge ist, hat der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Kassen in den so genannten Mutterschaftsrichtlinien im Detail geregelt. Grundlage dieser Festlegungen sind zwei Gesetze - zum einen das Gesundheitsmodernisierungsgesetz, also das Gesetz zur Gesundheitsreform, zum anderen die Reichsversicherungsordnung, durch die seit 1911 die Leistungen für Schwangere und junge Mütter festgelegt werden. Doch zwischen den beiden Gesetzen, den daraus abgeleiteten Richtlinien und der medizinischen Praxis tun sich einige Widersprüche auf.
Patientinnenunfreundliche Minimalleistungen
Im Gesetz zur Gesundheitsreform steht, dass Schwangerenvorsorge zuzahlungsfrei bleibt. Werdende Mütter, die das z.B. auf den Internetseiten des Gesundheitsministeriums lesen, werden zunächst erleichtert aufatmen. Doch gehen sie zum Frauenarzt, behandelt sie dieser anhand der Mutterschafts-Richtlinien. Und glaubt man den Gynäkologen, so sichern die darin genannten Vorsorgeuntersuchungen lediglich eine Minimalversorgung. Andere, seit Jahren von Frauenärzten angewandte Vorsorgeuntersuchungen, fehlen. Wer sie in Anspruch nehmen will, muss automatisch Praxisgebühr bezahlen.
... z.B. Herztonkontrolle
So gehört die Herztonkontrolle mittels Ultraschall ab der 28. Woche nicht zum Pflichtkatalog der Mutterschafts-Richtlinien. Sie ist aber unverzichtbar, um Herzfehler bei Ungeborenen festzustellen. Zurzeit wird die Untersuchung nur für jene Frauen als Standard angeboten, bei denen bereits ein Risiko für Herzrhythmusstörungen bekannt ist. "Wenn das nicht mehr routinemäßig geprüft wird, wie soll ich dann plötzlich auftretende Herzerkrankungen erkennen?", klagt ein Frauenarzt aus Bautzen.
In den Richtlinien nicht enthalten ist auch die bakteriologische Untersuchung vor der Geburt. Sie dient der Erkennung von Infektionen. Ebenfalls Standard, aber inzwischen auch mit der Praxisgebühr belegt ist die Ultraschallmessung des Gebärmutterhalses. Bei der Untersuchung lässt sich erkennen, ob eine Frühgeburt droht.
Kaum eine Frau übersteht ihre Schwangerschaft ohne Beschwerden. Häufig haben Schwangere Scheidenentzündungen, Blutungen oder Sodbrennen. Beginnt der Arzt diese Leiden zu behandeln, wird die Praxisgebühr fällig. Eine Schwangerschaft dauert neun Monate und berührt im ungünstigsten Fall vier Quartale, macht 40 Euro.
Was noch bezahlt wird und was nicht
Wer Beschwerden hat, braucht Medikamente. Sicher beruhigend, dass auch weiterhin Arznei-, Verbands- und Heilmittel, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft verschrieben werden, von Zuzahlung befreit sind. Wie gesagt, wenn sie verschreibungspflichtig sind bzw. verordnet werden können. Aber für welche nicht (mehr) verschreibungspflichtigen Mittel darf der Arzt noch ein Rezept ausstellen? Bis zum 31. März wird der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine entsprechende Liste für solche Arzneien aufstellen.
Magnesium wahrscheinlich bald auf eigene Rechnung
Beim sächsischen Apothekerverband liegt seit Dezember vergangenen Jahres ein Arbeitspapier vor, wonach Magnesiumpräparate, Vitamin- und Jodpräparate auf der "Abschussliste" stehen. Frauenärzte haben diese Arzneien immer verschrieben, um schwangerschaftsbedingte Mangelerscheinungen auszugleichen. Einige Mittel wie Magnesium beugen Risikoschwangerschaften vor. Werden für diese Wirkstoffe keine Rezepte mehr ausgestellt, zahlt die Patientin sie allein.
"Handwerkliche Schwächen“
Häufig beginnt das Verwirrspiel für Patientinnen, Arzt und Krankenkassen schon mit der Diagnose "schwanger". Hat die Frau in dem Quartal noch keine Praxisgebühr bezahlt, kostet sie die frohe Botschaft des Arztes schon mal 10 Euro. So das bisher gängige Verfahren.
Der Arzt muss kassieren, weil er sich auf die gültigen Mutterschafts-Richtlinien verlässt. Und die schreiben in einer Fußnote vor, dass die Feststellung der Schwangerschaft nicht zur Vorsorge, sondern zur Behandlung ("kurativen Versorgung") gehört. Und für diese muss Praxisgebühr entrichtet werden. Soweit so gut, wäre da nicht das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG). Im Gegensatz zu den Mutterschaftsrichtlinien zählt unter Verweis auf die Reichsversicherungsordnung "die Feststellung der Schwangerschaft" zur Vorsorge. Und die ist doch von der Praxisgebühr befreit. Was stimmt nun, müssen Frauen für die Diagnose "schwanger" zahlen oder nicht?
Die Antwort liegt auf der Hand: Ein Gesetz steht höher als eine Verordnung. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz und Reichsverordnung (trotz seiner anderslautenden Bezeichnung ein Gesetz) haben Vorrang vor den Mutterschafts-Richtlinien, die lediglich Ausführungsbestimmungen zu Gesetzen sind.
Roland Stahl kann das Kuddelmuddel erklären: Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung spricht von "handwerklichen Mängeln", die den Gesetzgebern unterlaufen seien. Die Sprecherin der Bundes-AOK, Barbara Marnach, sagte auf Anfrage, dass Frauen für den Befund "schwanger" keine Praxisgebühr mehr zahlen müssten.
Das sagen die Mutterschafts-Richtlinien für Ärzte und Kassen:
"*) Die Untersuchung zum Zwecke der Feststellung der Schwangerschaft ist Bestandteil der kurativen Versorgung."
So legen es die Mutterschafts-Richtlinien in einer Fußnote fest. Die Gynäkologen behandeln auf Grundlage der Richtlinien.
Das sagen die Gesetze:
"(4) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers ... als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an den Leistungserbringer. Satz 1 gilt nicht für Inanspruchnahmen ... sowie Maßnahmen zur Schwangerenvorsorge nach § 196 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ..."
Diese Ergänzung von § 28 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist im Gesundheitsmodernisierungsgesetz enthalten. Kostenlose Schwangerenvorsorge richtet sich nach den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung.
"(1) Die Versicherte hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe. Die ärztliche Betreuung umfaßt auch die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Muttergesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies."
Absatz 1 von § 196 der Reichsversicherungsordnung.
Fazit: Kinderkriegen kostet. Inzwischen sogar mehr. Fragen Sie im Zweifelsfall Ihren Arzt oder Apotheker.
zuletzt aktualisiert: 09. Februar 2004 | 12:02
quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/reformen/1196012.html
MDR-news: schwangere zahlen jetzt mehr...
MDR-news: schwangere zahlen jetzt mehr...

*nevergiveup*
- Maggie + Tim
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- Registriert: 05 Apr 2002 02:00
Kaum.... einfach ein allgemeiner Teil der Gesundheitsreform.
Gruß und Gung ho von Tim
--------
I thought I’d found a reason to live
just like before when I was a child
only to find dreams made of sand
would just fall apart and slip through my hands.
But the spirit of life keeps us strong
and the spirit of life is the will to carry on
...
I never thought it would be quite like this
living outside of mutual bliss
but as long as the veins in our arm still stand up
the spirit of life will keep living on
--------
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