Seite 3 von 51

Verfasst: 06 Aug 2008 14:23
von Wollschaf
Hallo!
Melde mich gut erholt zurück aus dem Urlaub :hallo: !
HeartAndSoul hat geschrieben:Holly:
Mein Mann wurde mit nur einer Niere geboren und hat kürzlich von einem Mikrochirurgen erfahren, dass ihm daher eh der Samenleiter auf der entsprechenden Seite fehlt. Noch ein Schock. Eventuell wurde die andere Seite bei der OP einer Hodentorsion vor 15 Jahren beschädigt.
Das klingt alles so sehr nach einer englischen Komödie...Hugh Grant würde das sicher toll spielen, wenn das nur alles nicht unser Leben und so real wäre...

Heute haben wir Post von der Genetikerin bekommen (die Rechnung war übrigens schon am Samstag da): Schatz hat artig einen regelrechten männlichen Chromosomensatz (46, XY). Die Analyse der Azoospermiefaktor-Region gibt keinen Anhaltspunkt für Deletionen. Es gibt auch keinen Hinweis auf eine CBAVD-Mutation.
Das ist ja alles sehr schön - wenn ich wüsste, was das genau bedeutet.

Ich bin jetzt zusätzlich noch verwirrt - irgendwie wissen wir immer noch nicht, woran die Azoospermie liegt.
Weiß jemand von Euch, wie man eine Azoospermie von einer retrograden Ejakulation unterscheidet?
Ich glaube, ich kann da ein bisschen weiterhelfen.
Also: Azoospermie bedeutet, dass keine Spermien im Ejakulat sind - entweder weil der Samenleiter nicht durchlässig ist (obstruktive Azoospermie), oder weil keine Spermien im Hoden heranreifen (nichtobstruktive Azoospermie). Bei einer retrograden Ejakulation sind Spermien im Ejakulat, sie kommen aber nicht "vorne raus", weil das Ejakulat quasi die falsche Abzweigung nimmt. Dass kann dann so aussehen, als ob wenig oder gar kein Ejakulat da ist, und es können Spermien im Urin nachgewiesen werden. Vielleicht können auch kleine Mengen Ejakulat ohne Spermien (z.B. Lusttropfen) rauskommen, die dann beim Spermiogramm untersucht werden und als Azoospermie diagnostiziert werden - in Wirklichkeit ist es aber keine Azoospermie, denn es sind ja Spermien da. Bei einer normalen Menge Ejakulat (mehr als 2 ml) ist es unwahrscheinlich, dass eine retrograde Ejakulation vorliegt.
Die Ergebnisse der Genetikerin besagen, dass die häufigsten genetischen Azoospermie-Ursachen bei Deinem Mann ausgeschlossen werden können. Er hat kein Klinefelter-Syndrom (XXY-Chromosomensatz). Die Azoospermiefaktor-Region bewirkt eine Störung der Spermienproduktion (eine nichtobstruktive Azoospermie), wenn hier Teile des Chromosoms fehlen, also eine Deletion vorliegt. Keine Deletion ist also gut. Die CBAVD-Mutation hat zur Folge, dass die Samenleiter nicht richtig angelegt werden (die Abkürzung steht für congenitale (=von Geburt an) bilaterale (=beidseitige) Aplasie (=Fehlen) des Vas deferens (=Samenleiter) ). Diese Mutation ist mit der Erbkrankheit Mukoviszidose verknüpft und kann manchmal das einzige Symptom dafür sein.
Tatsächlich wisst Ihr jetzt immer noch nicht, woran die Azoospermie liegt. Das kann in sehr vielen Fällen auch nicht geklärt werden. Aber möglicherweise bist Du schon auf der richtigen Spur. Wenn Dein Mann auf der einen Seite keinen Samenleiter hat und der andere Hoden bei der Hodentorsion geschädigt wurde, produziert der geschädigte Hoden vielleicht keine Spermien mehr und der andere wird seine aufgrund des fehlenden Samenleiters nicht los. Wenn das so ist, habt Ihr sehr gute Chancen auf eine positive TESE, denn dann sind in dem einen Hoden jede Menge fidele Spermien, die bloß keinen Ausgang finden. Ob das wirklich so ist, kann ich natürlich nicht sagen, aber dass die Hormonwerte alle normal sind, ist auch eher ein gutes Zeichen. Ich drücke die Daumen *dd* !

Verfasst: 06 Aug 2008 16:44
von Holly_Golightly
Das Wollschaf ist wieder da. Schön! :hallo:
Ich hoffe, Ihr hattet einen wunderbaren Urlaub!

Das klingt ja alles überzeugend, was Du schreibst. Wow! Bist Du vom Fach oder schon so eingelesen in das Thema?
Aber das bestätigt ja alles meine Vermutungen. :nanana:

Wo Du Dich so gut auskennst, wird eigentlich immer so ein Gentest gemacht? Das hat bei uns niemand erwähnt :grübel:
Oder ist ein früherer Hodenhochstand so ein klarer Grund, dass alles andere egal ist? :pah:

Verfasst: 06 Aug 2008 21:15
von Wollschaf
Holly_Golightly hat geschrieben:Das Wollschaf ist wieder da. Schön! :hallo:
Ich hoffe, Ihr hattet einen wunderbaren Urlaub!
Ja hatten wir. Sonne satt und viel Zeit für uns.
Holly_Golightly hat geschrieben:Das klingt ja alles überzeugend, was Du schreibst. Wow! Bist Du vom Fach oder schon so eingelesen in das Thema?
Danke für die Blumen :oops: . Ich bin Tiermedizinerin, und da der Mensch auch nur ein Säugetier ist, kann man da einiges übertragen. Außerdem hilft mir mein Fachwissen beim Lesen und Verstehen medizinischer Quellen. Und gelesen habe ich wie eine Wilde in der letzten Zeit.
Holly_Golightly hat geschrieben:Wo Du Dich so gut auskennst, wird eigentlich immer so ein Gentest gemacht? Das hat bei uns niemand erwähnt :grübel:
Oder ist ein früherer Hodenhochstand so ein klarer Grund, dass alles andere egal ist? :pah:

Tja, das ist genau das Gebiet, auf dem ich mich leider nicht auskenne. Ich kann mir zwar viel zu Diagnostik, Ursachen, Behandlung etc. anlesen. Aber vor der Umsetzung in die Praxis und das wahre Leben - welche Untersuchungen standardmäßig gemacht werden, wer einen wohin überweist, wo man den ärztlichen Experten findet - stehe ich wie der Ochs vorm Berg.
Ich meine, ich hab hier schon von jemand gelesen, wo auch ein spät behandelter Hodenhochstand und Azoospermie vorlag, wo aber der Hodenpapst Schulze gemeint hat, der Hodenhochstand sei nicht die Ursache für die Azoospermie. Insofern könnte es schon sinnvoll sein, den Gentest trotzdem zu machen. Die CBAVD-Mutation und die Deletion beim Azoospermiefaktor können nämlich vererbt werden - bei CBAVD heißt das, dass ein Kind eventuell Mukoviszidose bekommen könnte, wenn die Mutter die Mutation auch trägt (was man dann untersuchen sollte), beim Azoospermiefaktor werden alle Söhne auch eine Azoospermie haben, da diese Deletion auf dem Y-Chromosom liegt. Sowas will man ja vielleicht wissen, ehe man ein Kind zeugt.

Verfasst: 06 Aug 2008 22:12
von HeartAndSoul
Ohhh, danke, Wollschaf, für Deine ausführliche und nette Antwort. Ich hoffe, Euer Urlaub war schön und erholsam!
Ich gehe so langsam auf dem Zahnfleisch...hoffentlich zerstört dieser Wahnsinn nicht langsam meine Ehe.

Ja, Du hast Recht, Wollschaf: ich weiß wirklich nicht, was ich mit der Auskunft im Hinblick auf die Azoospermie anfangen soll. Schade, ein wenig hatte ich doch gehofft, dass eventuell die Azoospermie quasi eine übergeordnete Diagnose war und dass vielleicht eine retrograde Ejakulation des Rätsels Lösung sein könnte. Eine einfache Lösung...die ja wohl nun nicht in Frage kommt.
Wäre schön gewesen.

Verfasst: 07 Aug 2008 11:01
von Holly_Golightly
Guten Tag, die Damen,

aaah, Wollschaf, Du bist also doch vom Fach! :wink:
Du musst Dich ja auch nicht mit allem auskennen, aber Deine Ausführungen haben ja Hand und Fuß.
Dankeschön! :prima:
Ich werde einfach demnächst noch mal mit unserem KiWu-Arzt sprechen, da wollten wir vor der TESE eh noch mal hin.
Komisch, dass der Prof. aber nichts von dem Gentest sagte. Hmmmm...

HeartAndSoul
Du klingst so traurig. Das ist gar nicht gut.
Warum klammerst Du Dich denn so an diese retrograde Ejakulation, es kann doch auch noch andere Gründe geben, dass vorne nichts "rauskommt".
Habt Ihr denn keine KiWu-Klinik, die Euch da mal beraten kann?
Bitte lass den Kopf nicht hängen, Eure Chancen stehen gar nicht mal so schlecht mit Eurem guten Blutergebnis. :knuddel:

Verfasst: 07 Aug 2008 12:38
von Wollschaf
HeartAndSoul hat geschrieben:Ich gehe so langsam auf dem Zahnfleisch...hoffentlich zerstört dieser Wahnsinn nicht langsam meine Ehe.
:knuddel: Hast Du einen konkreten Grund zu fürchten, dass Deine Ehe daran kaputt gehen könnte? Steht die Azoospermie "zwischen Euch"? Jede Beziehung ist anders und jedes Paar hat seine eigenen Wege, aber ich glaube, das A und O in einer solchen Ausnahmesituation, wie wir sie gerade alle erleben, ist das Reden. Die Gefühle auszusprechen, die Ängste, die Hoffnungen, die Erwartungen an den Partner... Man darf traurig sein, verzweifelt, mutlos, aber man sollte nicht versuchen, das mit sich alleine auszumachen, finde ich. Das ist eine Situation, in der man als Paar steckt, und meiner Meinung nach hat der Partner ein Recht darauf zu wissen, was in einem vorgeht. Und gemeinsam tragen sich die meisten Lasten leichter. Selbst wenn wir gemeinsam weinen, geht es mir dabei besser, als wenn ich alleine im stillen Kämmerlein weine. Ich hoffe, Du findest zusammen mit Deinem Mann den richtigen Weg für Euch.
Ich selber habe durch diese Geschichte einmal mehr gemerkt, wieviel mir mein Mann bedeutet. Der Gedanke, vielleicht keine Kinder zu bekommen, hat mich traurig gemacht, aber als mein Mann gesagt hat, es wäre besser, ich hätte ihn nie geheiratet, dann würde er mich nicht so unglücklich machen - da habe ich regelrecht Panik bekommen aus Angst, ihn zu verlieren. Er gibt mir so viel Kraft, dass ich denke, gemeinsam stehen wir alles durch.
HeartAndSoul hat geschrieben:Ja, Du hast Recht, Wollschaf: ich weiß wirklich nicht, was ich mit der Auskunft im Hinblick auf die Azoospermie anfangen soll. Schade, ein wenig hatte ich doch gehofft, dass eventuell die Azoospermie quasi eine übergeordnete Diagnose war und dass vielleicht eine retrograde Ejakulation des Rätsels Lösung sein könnte. Eine einfache Lösung...die ja wohl nun nicht in Frage kommt.
Wäre schön gewesen.
Versuch, die positiven Seiten an den Genetik-Ergebnissen zu sehen. Sie geben keinen Hinweis auf eine gestörte Spermienproduktion, das erhöht Eure Chancen auf eine positive TESE. Und Eure Kinder werden kein Risiko für Mukoviszidose haben.
Ich kann verstehen, dass Du auf eine einfache Lösung hoffst. Wer tut das nicht. Ich drücke Euch die Daumen, dass die "einfache Lösung" vielleicht eine obstruktive Azoospermie ist, dann gibt es nämlich Spermien en masse bei der TESE *dd* .
Holly_Golightly hat geschrieben:Komisch, dass der Prof. aber nichts von dem Gentest sagte. Hmmmm...
Vielleicht weil eh nur die TESE Auskunft darüber gibt, ob Spermien da sind :?: ? Bei Klinefelter oder Azoospermiefaktor-Deletion sind die Chancen zwar geringer, welche zu finden, aber halt nicht null. Vielleicht geht die genetische Abklärung eher von der Kiwu-Klinik aus, weil solche Dinge wie Mukoviszidose ja erst dann relevant werden, wenn man eine ICSI versucht. Aber wie gesagt - ich habe keine Ahnung, wie das Standardvorgehen so aussieht.

Verfasst: 07 Aug 2008 15:51
von Holly_Golightly
Wollschaf hat geschrieben:
Holly_Golightly hat geschrieben:Komisch, dass der Prof. aber nichts von dem Gentest sagte. Hmmmm...
Vielleicht weil eh nur die TESE Auskunft darüber gibt, ob Spermien da sind :?: ? Bei Klinefelter oder Azoospermiefaktor-Deletion sind die Chancen zwar geringer, welche zu finden, aber halt nicht null. Vielleicht geht die genetische Abklärung eher von der Kiwu-Klinik aus, weil solche Dinge wie Mukoviszidose ja erst dann relevant werden, wenn man eine ICSI versucht. Aber wie gesagt - ich habe keine Ahnung, wie das Standardvorgehen so aussieht.
Ich hab ja leider auch keine Ahnung... *pfeif*
Aber man schnappt ja immer mal hier was auf und mal da. Irgendwie sind da doch große Unterschiede zwischen den Vorgehen der verschiedenen KiWu-Praxen.
Uns wurde nur gesagt, dass wir nach einer positiven TESE gleich ohne Termin bei denen die Kostenvoranschläge für die Krankenkasse bekommen würden. Und wenn die dann bearbeitet wurden, soll es gleich los gehen.
Da wurde nichts vom Gentest gesagt.

Naja, wie schon gesagt, ich bohre da noch mal nach. Ich hab ja bei sowas keine Hemmungen... :schlaege: *rotfl*

HeartAndSoul
Ich kann Wollschafs Beitrag eigentlich nur unterschreiben. Ich habe auch das Glück, dass mein Mann und ich reden können. Wir sind zwar trotzdem traurig, aber wir sind wenigstens nicht allein.
Habt Ihr denn eine KiWu-Praxis oder nicht? Oft bieten die ja auch psychologische Hilfe an. Da muss man wirklich keine Scheu haben.
Ich fand auch dieses Buch ganz hilfreich:

Tewes Wischmann, Heike Stammer
Der Traum vom eigenen Kind: Psychologische Hilfen bei unerfülltem Kinderwunsch

:knuddel:

Verfasst: 11 Aug 2008 14:21
von Holly_Golightly
Tag die Damen,

ich möchte hier keine Panik verbreiten, aber mein Mann hat letzte Woche mal beim UKE angefragt, ob man unseren TESE-Termin vorverlegen könnte, wenn jemand vorher abspringt, und da wurde gesagt, die seien mit OP-Terminen schon im Dezember angelangt.
Vielleicht solltet Ihr Eure OP-Termine schon vor Euren Gesprächen da machen.
Nicht, dass Ihr dann noch ewig warten müsst...
Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte hier niemanden wuschig machen, aber die Infos wollte ich Euch nicht vorenthalten. :-?

Verfasst: 11 Aug 2008 16:10
von Wollschaf
Ufff... Dezember :ohnmacht: ! Wir hatten ja schon gehofft, dieses Jahr noch Klarheit zu kriegen :( . Aber das ist vielleicht der Preis dafür, dass wir alle zum Besten wollen :roll: . Jetzt schon den Termin ausmachen möchte ich aber auch irgendwie nicht - und vielleicht will ich auch lieber keinen TESE-Termin im Dezember. Nicht dass wir danach ein ganz trauriges Weihnachten feiern.
Da können wir uns wohl schonmal in der Eigenschaft üben, die wir als Kinderwunschler in rauhen Mengen brauchen: Geduld...

Verfasst: 11 Aug 2008 16:24
von Holly_Golightly
Ohjee, ich wollte Dir doch nicht die Laune verderben... :(
Vielleicht meinte die Dame ja auch die Vollnarkose-Termine... :?:
Aber es kann bestimmt nicht schaden, das schon mal im Vorfeld abzuklären oder?
Die sind - wenn überhaupt - bestimmt noch beim Anfang Dezember mit den Terminen. :prima:
Ach Mensch, ich wollte hier echt keine schlechte Laune verbreiten.
Tut mir wirklich leid.
:oops: