Frage an Juristen: Welche § des ESchG sind für uns relevant

Aktionen, (Leser-) Briefe, TV-Beiträge als Downloads, etc.
Antworten
Benutzeravatar
Mondschaf
Rang4
Rang4
Beiträge: 8344
Registriert: 08 Dez 2002 18:05

Frage an Juristen: Welche § des ESchG sind für uns relevant

Beitrag von Mondschaf »

Hallo Rechtskundige unter den klein-putzern, :D

hab mal eine Frage bezüglich des Embryonenschutzgesetzes.
Nämlich welche § und Absätze sind da relevant für die restriktiven Regelungen in Deutschland bezüglich Blastozystenselektion?

Ich würde mal denken:

ESchG § 2 Mißbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen
2. Ebenso wird bestraft, wer zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft bewirkt, daß sich ein menschlicher Embryo extrakorporal weiterentwickelt.

Bin mir aber unsicher und möchte nichts falsches schreiben, vieleicht sind es ja auch zusätzlich noch andere $ und Absätze.

Hier ein Link auf das ESchG.

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht ... index.html

Viele Grüße und schon jetzt vielen Dank für die Unterstützung!!! :D

Mondschaf
Benutzeravatar
Katharina
Rang2
Rang2
Beiträge: 1229
Registriert: 20 Mai 2003 10:07

Beitrag von Katharina »

Hallo Mondschaf,

hab mir das ESchG mal durchgelesen und bin jetzt völlig verwirrt! :( Warum steht in § 9 Nr. 3 das nur ein Arzt einen Embryo konservieren (= einfrieren?) darf? Ich dachte das wäre generell verboten!

Wie sind denn die Regelungen im Ausland, wo das erlaubt ist? (Was passiert da mit den überzähligen Embryonen?)

Ich bin da absoluter Laie und machte vieleicht gravierende Denkfehler, aber für mich ist das ganze einfach absurd. In Deutschland dürfen mehrere Wochen alte Föten abgetrieben, also getötet werden, Embryonen ggf. aber nicht verworfen (scheußliches Wort) werden. Embryonen sind in D rechtlich dem Menschen gleichgestellt und verlieren dieses Recht nach der Einnistung wieder!?!

Wenn diese Regelungen zumindest aufgelockert würden, z. B. das max. 4 - 5 weiterkultiviert werden dürften, ein Versuch mit den besten 2 - 3 gemacht wird, aber die restlichen sozusagen später zwingend auch eine Chance bekommen müßten. Wäre halt nur für Paare, die auf jeden Fall mehr als 1 Kind möchten, schlimmstenfalls hätten sie dann 5. Die Wahrscheinlichkeit ist aber wohl verschwindend gering. Außerdem könnte man es ja einschränken, z. B. erst wenn der 1. normale Versuch negativ war oder bei eingeschränkter Qualität.

Aber wenn man nahe der Grenze wohnt sollte man wohl besser einfach rechnen, ob es nicht preiswerter ist, alles selbst zu zahlen, aber weniger und preiswertere Versuche im Ausland zu machen, statt in D 3 Versuche zur Hälfte zu zahlen und noch immer kein Kind zu haben und die anschließenden Versuche dann auch noch voll zu bezahlen! :(

Ich glaube, die ganzen Regelungen in D sind einfach zu sehr auf die Wissenschaft und deren Forschungsdrang ausgelegt und nicht auf uns Betroffene, die doch neues Leben schaffen wollen. Hier müßte einfach viel weiter differenziert werden.

Liebe Grüße

Katharina
Benutzeravatar
Mondschaf
Rang4
Rang4
Beiträge: 8344
Registriert: 08 Dez 2002 18:05

Beitrag von Mondschaf »

Moin Moin Katharina,

Du hast recht, ich denke auch, dass das ESchG vor allem mißbräuchliche Forschung verhindern soll. An KB haben die dabei höchstens am Rande gedacht.

Und ich verstehe es auch nicht, warum ein Embryo, der doch geringe Überlebenschancen hat, mehr Rechte als ein fast schon lebensfähiges Kind bei Spätabtreibungen haben soll. (wobei die Spätabtreibungen ja eine juristische Grauzone sind).

Aber das ist ja in Deutschland prinzipiell so, je jünger der Mensch, desto mehr wird er geschützt.

Ich verstehe auch einiges im ESchG nicht, z.B. § 1, Abs. 5: 5. ... es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen. Das wird doch nun andauernd gemacht.

Man könnte überschüssige Blastozysten doch auch zur Adoption freigeben. Es gibt sicher Paare, bei denen beide unfruchtbar sind und für die das die einzige Möglichkeit darstellt. Was hältst Du davon? Find ich besser, als ein Paar zu einer bestimmten Kinderanzahl zu zwingen. Zumal es ja auch passieren könnte, dass die überzähligen Blastozysten garnicht mehr eingesetzt werden können z.B. im scheren Krankheits- oder Todesfall der Eltern.

Ich würde aber immer noch gerne wissen, welche § gestrichen bzw. geändert (komplett streichen wollen wir da doch eher nichts, bei der Forschung sollte man aus meiner Sicht schon restriktiv sein) müssten, damit die Blastozystenauswahl erlaubt wäre. Ich frage, damit ich die richtigen § zitiere.
Weiß das jemand?

Liebe Grüße und einen schönen Tag Euch allen

Mondschaf
Benutzeravatar
Veronique
Rang1
Rang1
Beiträge: 907
Registriert: 03 Nov 2001 01:00

Beitrag von Veronique »

Huhu Mondschaf!

Nur ganz kurz:

Dein Argument:

Und ich verstehe es auch nicht, warum ein Embryo, der doch geringe Überlebenschancen hat, mehr Rechte als ein fast schon lebensfähiges Kind bei Spätabtreibungen haben soll. (wobei die Spätabtreibungen ja eine juristische Grauzone sind).

sollten wir auch noch in das P-Papier aufnehmen, oder haben wir das schon??? :wink: :wink: :wink: :wink:

LG Vero!
Natascha
Rang0
Rang0
Beiträge: 170
Registriert: 11 Jul 2001 02:00

Beitrag von Natascha »

Hallo Mondschaf :D ,
bin keine Juristin, aber denke, dass bei Deiner Frage der §1Mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken des ESchG von Bedeutung ist. Dort heißt es Abs.1 Nr.5: Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer:
es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen.
Im Abs.1 Nr.3 wird die besagte Zahl von drei Embryonen erwähnt (…es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen)

Mit der Kryokonservierung und Befruchtung ist es so, dass bei Vorkernstadien, die ja bekanntlich kryokonserviert werden dürfen, die Befruchtung nicht abgeschlossen ist, somit greift der von Dir zitierte § 1, Abs. 5 nicht .
In der Berufsordnung der Ärzte (Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion) findet man Genaueres : „Eizellen im Vorkernstadium - nach Eindringen der Samenzelle, aber vor der Kernverschmelzung - überstehen die Kryokonservierung und das Auftauen besser als nicht imprägnierte Eizellen. Erst während der nach dem Auftauen erfolgenden Kultivierung in vitro kommt es durch Kernverschmelzung zum Abschluß der Befruchtung. Durch Kryokonservierung von Eizellen im Vorkernstadium entfallen die mit der Kryokonservierung von Embryonen verbundenen ethischen Probleme, weil vor dem Abschluß des Befruchtungsvorganges noch kein neues personales Leben entstanden ist“

Meine Meinung: Was international Praxis ist, sollte ebenso in Deutschland möglich sein. In Schweden ist etwa seit dem vergangenen Sommer nur noch die Übertragung eines Embryos auf die zukünftige Mutter per Gesetz erlaubt. Dennoch erreichen die Reproduktionsmediziner in dem skandinavischen Land eine Erfolgsquote von 30 Prozent. In Deutschland kann dieses Ergebnis nur durch die Übertragung von drei Embryonen und dies auch nur annähernd erreicht werden. Im Unterschied zur Bundesrepublik wird in Schweden wie in anderen Ländern unter den befruchteten Eizellen eine Auswahl getroffen. Nur ideale Embryos mit hohem Entwicklungspotenzial werden für die Übertragung zugelassen. Auf diese Weise ist es möglich, gleichzeitig das Mehrlings- und Fehlbildungsrisiko zu verringern und die Schwangerschaftsrate wesentlich zu verbessern.

Liebe Grüße,
Natascha
Benutzeravatar
Uta1977
Rang0
Rang0
Beiträge: 124
Registriert: 23 Mai 2003 10:44

Beitrag von Uta1977 »

Kurze Frage - wie schaut es mit dem EU - Recht diesbezüglich aus ?
Normalerweise steht doch EU-Recht vor Landesrecht - dh. wenn einige EU - Staaten anders Urteilen in Bezug auf ESchG als Deutschland, wäre eventuell eine Anfrage an den EU-Gerichtshof eine Option !
Sehe ich das aktuell verkehrt ? Kenne mich auf dieser Ebene leider nur mit Personalrecht und Arbeitsrecht aus ...
Leben ist das, was passiert, während wir auf die Erfüllung unserer Träume und Wünsche warten !

*** Sternchen - Abschied in der 10 SSW am 15.02.2007 ***

Wenn die Sonne des Lebens untergeht leuchten die Sterne der Erinnerung

Irgendwo in finsterer Nacht, scheint ein Stern in all seiner Pracht - er scheint für mich - für all mein Leid,spendet mir Trost und Geborgenheit
Antworten

Zurück zu „Gesundheitsreform und Versorgungsstrukturgesetz“