Wie werde ich bloß nicht wie meine Mutter???

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Gast

Wie werde ich bloß nicht wie meine Mutter???

Beitrag von Gast »

Hallo,

bin jetzt im 8. Monat schwanger, es hat nach etlichen Kiwu-Jahren und Behandlungen doch geklappt. Das macht mich auch happy, habe ja schon gar nicht mehr daran geglaubt. Das ist auch nicht das Problem.
Gedanken mache ich mir seit Beginn der Schwangerschaft über meine eigene Kindheit, die nicht zur schönsten Zeit meines Lebens zählt. Ich habe immer gedacht, wenn ich erstmal schwanger bin und bald meine eigene richtige Familie habe, ist das Thema ein für alle Mal erledigt, aber das ist es leider nicht. Irgendwie ist es presenter als vorher und macht mich blöderweise immernoch so traurig. Dabei will ich bloß nicht werden wie meine Mutter, aber leider habe ich ja gar kein richtiges Vorbild. Ich weiß nur, was ich nicht machen will, aber heißt das dann, ich werde es für mein Kind besser machen, nur weil ich es hoffentlich anders mache?
OK, wahrscheinlich ist das Forum nicht der richtige Ort für diese Art von Sorgen, aber es belastet mich wirklich sehr. Vielleicht hat ja jemand von Euch auch eine Mutter, die eigentlich den Namen nicht verdient und schon Erahung m eigenen Kindern.
Heuteohne

Beitrag von Heuteohne »

Hallo,

Deine Sorgen kenne ich nur allzu gut! Ich hatte auch eine riesige Angst so zu werden wie meine Mutter. Schon als 10-jähriges Mädchen habe ich mir geschworen: Sollte ich jemals Kinder haben - DAS tue ich ihnen nicht an!! Als ich dann schwanger war, hatte ich trotzdem Bedenken, ob sich sowas nicht vererbt. Es hieß ja immer: Wenn die Eltern schlagen, schlagen die Kinder später auch ihre Kinder. Das war für mich eine Horrorvorstellung.

Nun ist mein Sohn 2 1/2 Jahre alt und ich habe das überwunden. Sicher passiert es mir manchmal, daß ich einen richtigen innerlichen Aggressionsanfall erlebe. Dann denke ich mir immer, daß dieses Gefühl wohl auch meine Mutter beherrscht hat. Der feine Unterschied ist, daß ich dieses Gefühl nicht an meinem Kind auslebe. Könnte ich auch NIEMALS, denn ich sehe mich immer als kleines Mädchen völlig verzweifelt in ihrem verschlossenen Zimmer sitzen und ihren Schwur aufsagen. Ich habe diese Verzweiflung aus meiner Kindheit nie vergessen.

Für mich ist es so: Sicherlich mache ich Fehler in meiner Erziehung wie jeder andere auch. Aber bevor ich jemals meinem Kind physisch oder psychisch etwas antun würde, ginge ich eher ganz tief in den Wald und schreie es raus.

Glaube mir - vertraue Dir! Denn dass Du darüber nachdenkst zeigt, dass Du Dich mit dem Thema auseinandersetzt. Das ist die beste Voraussetzung, Deinem Krümel eine lachende, unbeschwerte Kindheit zu schenken. Das was Du erlebt hast, wirst Du Deinem Baby niemals antun. Denn, das was Du erlebt hast, tut Dir mit Sicherheit heute noch irgendwie weh - und das wirst Du Deinem eigenen Kind ganz sicher ersparen wollen.

Alles Gute!!
Auch ohne

Beitrag von Auch ohne »

Hallo,

ich kann deine Bedenken nur allzu gut verstehen. Meine Kindheit war alles andere als berauschend - Alkoholismus und Prügel standen an der Tagesordnung. Ich schwor mir damals, nie so zu werden wie meine Mutter (zu der habe ich heute keinen Kontakt mehr). Und es ist mir gelungen. Manches Mal musste ich mich sehr beherrschen, dass mir nicht die Hand ausrutscht und alles ausdiskutiert wurde - aber es ist mir geglückt. Ich habe es geschafft und das über Jahre hinweg.

Sicher werde ich auch Fehler gemacht haben in meiner Erziehung; aber nicht die gleichen wie meine Mutter.

Die schon Anonym vor mir schrieb - vertraue dir - dann gelingt es dir auch.

Viel Glück und für dein Baby einen schönen Start in eine bessere Kindheit als du sie hattest :knuddel:
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Gast,

wird evtl. ein bisschen länger, sorry, nicht erschrecken.

Negative Erlebnisse in der Kindheit wie Alkoholismus oder hilflose Schläge am eigenen Kind sind total unterschiedlich. Die einen können es zu 100 % anders machen, die anderen zu 50 % der Rest komplett.

Wichtig ist zu erkennen glaub ich es wenn es so sein sollte zu merken und dann dagegen was zu tun. Was ich damit sagen will lass es erstmal auf dich zukommen. Ich kann es dir nur an einem bzw. meinem Beispiel erklären, ich wurde groß mit einem Vater der Alkohiliker war. Leider hab ich auch die Veranlagung mitbekommen, weiss, auch ich trinke öfters mal etwas zu viel, jedoch hat mich mein Kind dann noch nicht aggressiv erlebt und ich vernachlässige es nicht (Gott sei dank wird das aber auch immer weniger, also das trinken). Also zeigt mir mein Verhalten doch, ich hab aus meinem Erlebten gelernt.

Nun zu anderen negativen Erlebnissen:

Ich denke vieles was wir damals als negativ erleben -sprich wo wir uns sagten wir werden nie so- ist im nachhinein richtig gewesen. Ich hab zum Beispiel oft gesagt wenn meine Mutter sauer wurde wegen meiner Unordnung im Zimmer und regelrecht ausraste so werd ich nie mit meinem Kind dann umgehen mach es jetzt auch (merkt man doch als Mutter selber erstmal wie grausam die Zimmer von Kindern aussehen und es manchmal schon an die Grenzen geht).

Was ich meine ist folgendes: Lass es erstmal auf dich zukommen, ich denke viele Fehler die wir wiederholen sind leider normal. Versuche nicht, alles verkrampft anders zu machen, dadurch entstehen ja auch wieder neue Fehler. Heisst, hat zum Beispiel deine Mutter dir alles verboten erlaube deinen Kindern später nicht alles. Versuche einen guten Mittelweg notfalls zu finden.

Ich hoffe du verstehst in etwa was ich meine?

PS: Ich selber habe wie oben schon gesagt leider auch einige Fehler übernommen. Aber ich versuche es zu lernen und ich kann sagen viele Sachen die meine Mutter damals mir verboten hat oder Sachen die sie zu festen Regeln machte mache ich heute auch so .... nicht alles, aber einiges. Und ich weiss das mein Kind ein glückliches, zufriedenes ist.

Alles Gute für dich und deine Familie. Du schaffst es, glaub an dich.
Sanne
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Registriert: 12 Jul 2001 02:00

Beitrag von Sanne »

Heuteohne hat geschrieben: Glaube mir - vertraue Dir! Denn dass Du darüber nachdenkst zeigt, dass Du Dich mit dem Thema auseinandersetzt. Das ist die beste Voraussetzung...
da kann ich mich nur anschliessen. du machst dir ja bereits gedanken, dass du etwas anders machen willst. vielleicht guckst du dir mal verschiedene (!) erziehungsratgeber an oder besuchst einschlägige seiten im internet, um ein paar handlungs-alternativen parat zu haben.

mir geht es so, dass mir immer mal wieder die schlimmen erlebnisse aus der kindheit hochkommen. dann brauche ich einige zeit für mich, um diese flashbacks zu verarbeiten. wichtig ist halt, dass mir dann nicht die hand ausrutscht... :help:
aber meistens sind diese erlebnisse mit meiner tochter eher so, dass ich von meinen erinnerungen betroffen bin, sie aber gar nicht so schlimme sachen gemacht hat, als dass ich ihr böse wäre.

aber es gibt auch liebevolle momente, an die ich mich plötzlich erinnern kann. z.b. wie meine mom mir über's haar gestrichen hat. nicht zuletzt dadurch wird mir klar, dass sie mich auch lieb gehabt hat. nur leider konnte sie mich nicht anders liebhaben. vielleicht nicht so, wie ich es gebraucht hätte. aber ich habe meine mom inzwischen in einem ganz anderen licht sehen und schätzen gelernt.

das heisst nicht, dass sie mir nicht so manches mal unrecht getan hat, aber es relativiert sich ein bischen. wirst sehen, wenn das kind erst da ist, wirst du gaaaanz kreativ, um ihm eine schöne kindheit zu schenken :)

alles gute!
liebe grüsse von Sanne
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*nevergiveup*
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,

vielen Dank für Eure Antworten!!! Es tut gut zu wissen, dass ich mit dieser Art von Gedanken nicht völlig allein bin. (Mein Mann versteht mich leider nicht immer, kann ich auch nicht verlangen, er hat ja meine Kindheit nicht gelebt.) Und noch besser zu wissen ist, dass es andere Wege gibt für die eigenen Kinder. Nichts wäre für mich schrecklicher, als wenn mein Kind irgendwann so über mich denkt, wie ich über meine Mutter. Ich werde mein Bestes tun und mir vertrauen...


Habe für meinen kleinen Schatz ein Gedicht geschrieben und hoffe, ich kann es für ihn wahr machen:

Das sie mich bedingungslos geliebt hat,
so war es nicht.
Das meine Kindertage unbeschwert gewesen sind,
so war es nicht.
Das mich das noch traurig macht,
so ist es leider.
Das du mein Schatz das nicht erlebst,
so wird es sein.
Heuteohne

Beitrag von Heuteohne »

Lieber Gast,

jetzt muss ich doch nochmal was zu dem Thema hinzufügen. Ich hoffe, ich werde nicht zuuu persönlich :oops: :oops: :oops:

Dein Gedicht ist wunderschön und klingt immer noch sehr nach Schmerz. Schmerz, weil Du vielleicht nie wirklich "Kind" sein durftest, oder Schmerz, weil die Angst Dein täglicher Begleiter war oder Schmerz, weil Du von Deiner Mutter geschlagen worden bist. Was auch immer - es spielt für Dich noch heute eine ganz große Rolle.

Für mich war es auch so - so sehr ich versucht habe, es zu verdrängen aus meinem Leben. Irgendwann, irgendwo hat es mich immer wieder eingeholt. Irgendwann war mir klar, daß ich so nicht mehr leben will. Ich war mittlerweile erwachsen und konnte selbst entscheiden was welchen Einfluß auf mein Leben hat. Mir wurde zwar ganz gut beigebracht, wie man kuscht. Durchsetzungsvermögen zu entwickeln war mir nicht gestattet. Ich wollte mir helfen und ging dann in Therapie - 2 Jahre lang. Dort wurde mir klar, daß ich mit dem, was vorgefallen ist und mich geprägt hat leben MUSS, daß ich es jedoch jetzt in der Hand habe gewisse Dinge zu ändern. Meine Therapeutin sprach von einem "Lieb-Mädchen-Syndrom". Ich wollte das Gefühl, daß mich meine Mutter lieb hat - und später dann mein Umfeld. Ich war sehr damit beschäftigt, daß mich alle mögen. Das bricht heute immer noch durch. Auch die erlebten Aggressionen meiner Mutter spüre ich ganz deutlich in mir. Mein größter Triumph ist es aber, daß ICH es nun in der Hand habe, was ich aus all dem mache. Das gibt mir Kraft.

Was ich sagen will - wenn Du wirklich das Gefühl hast, daß es immer noch eine extreme psychische Belastung für Dich darstellt, würde ich Dir professionelle Hilfe empfehlen. Denn - Loswerden wirst Du Deinen Kindheits-Schmerz nie, aber Du kannst lernen gut mit ihm umzugehen.

Ich bin sicher, Du findest Deinen Weg und wünsche Dir und Deiner Familie alles Liebe.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo heuteohne,

das ist nicht zu persönlich. :P
Habe selbst schon Psychotherapie (mit Anfang 20 ca.2,5 J., dann jetzt nochmal seit 1,5 J.) in Anspruch genommen. Ich kann nur sagen, zum Glück habe ich mich dazu überwunden. Zumindest das erste Mal war es eine riesengroße Überwindung, die sich aber gelohnt hat. Ich kann heute ganz anders mit meiner Mutter umgehen, bin nicht mehr das ängstliche eingeschüchterte Kind, das sie vielleicht immernoch gerne hätte. Nur meine Mutter ist ja die Alte geblieben un ich kann ihr einfach nicht verzeihen. Ich wünschte, ich könnte meine "Frieden" mit ihr machen, um vielleicht selbst Ruhe zu haben, aber das geht nicht. Vielleicht irgendwann einmal? Aber noch bin ich viel zu sauer auf sie, da ich meine Kindheit ja nicht zurück bekomme...

Vielleicht läßt das nach, wenn ich selbst Mama bin und meinem Sohn das geben kann, was ich vermisst habe!? Nun gut, dass wird sich zeigen. Ich wünschte ganz einfach, meine Kindheit würde mich nicht mehr traurig machen. (Nicht ständig, aber doch immer wieder und z.Zt. öfter als mir lieb ist.) Ist es Dir gelungen, heute ein anderes Gefühl als Trauer mit Deiner Kindheit zu verbinden?

Habe gestern in der aktuellen GEO einen Artikel über (zwar agressive) Kinder gelesen, der aber mit dem Satz endet, ...wer seine frühkindlichen Erfahrungen in einer Therapie oder guten Partnerschaft verarbeiten konnte, verhält sich anders als die eigenen Eltern.
Das ist das, was Du und die anderen ja auch geschrieben haben und mir dann doch Beruhigung bringt für mein eigenes (noch ungeborenes) Kind.

Auch für Dich und Deine Familie alle Gute!
Gast

Beitrag von Gast »

... hoffentlich denken meine Kinder mal nicht so über mich...
diese Gedanken kenne ich nur zu gut...

leider habe ich keine Kinder und irgendwie glaube ich fast, dass ich das selber unbewußt entschieden habe...

ich war sechzehn
Gast

Beitrag von Gast »

... ich war sechzehn... tut mir leid, ich habe alles aufgeschrieben und habe das lange Posting
wieder gelöscht... ich kann auch jetzt nach fast 20 Jahren noch nicht darüber sprechen oder schreiben...
sorry, vielleicht ein anderes mal :-?

aber es ist doch zum Verrückt werden wie einem die Kindheit, die doch eigentlich
fast normal aussieht... nicht loslässt und immer wieder hochkommt und einem zum :cry: bringt.
Lasst euch alle mal :knuddel:
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