Pflegerkinder

Unsere Hauptkategorie. Hier wird über alles rund um den Kinderwunsch diskutiert. :-)
rike
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Beitrag von rike »

Hallo,
da wir so langsam nach Alternativen suchen, befassen wir uns mit dem Thema Pflegekinder.
Auf einer Informationsveranstaltung haben wir gehört, dass diese Kinder, die ja aus schwierigen Verhältnissen kommen, alles verhaltensgestört sind. Wie kann man damit umgehen? Ich weiß nicht, ob ich nach der ganzen KIWU-Behandlung noch so stabil bin , in schwierigen Situationen pädagogisch richtig zu handeln. Wird nach einer gewissen Zeit aus so einem Kind ein "normales" Kind?
Ich freue mich auf eure Gedanken oder Erfahrungen?
Rike
claudia69
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Beitrag von claudia69 »

hallo rike,

wir machen gerade einen pflege-/ und Adoptionskurs. Dabei wurden uns vier verschiedene Fälle aus der Praxis erzählt und wir sollten wählen welches der Kinder wir aufnehmen würden und warum. Nun zu den Fällen:

a) Martin (neugeboren)
kann direkt aus dem Spital mitgenommen werden. er kommt aus eonem sozial sehr schlechten Elternhaus. In der Familie gibt es bereits 2 Kinder. Der Vater hat im Kinderzimmer für die Kinder Verschläge (Stallungen) gebaut in denen die Kinder wohnen - also wie die Tiere.
Die Mutter ist psychisch krank und hat während der schwangerschaft medikamente genommen.

b) Saskia
ist 8 monate alt, hat aber den entwicklungsstand einer dreimonatigen.
die mutter ist selbst im heim aufgewachsen, noch sehr jung und treibt sich lieber herum, man vermutet, dass sie drogen nimmt. sie hat saskia mit pommes und cola gefüttert. das kind zeigt eine unterernährung.

c) michael und sascha (zwillinge drei jahre alt)
die wohnung war leer als die sozialarbeiter dort waren.
die kinder sind in einem raum allein gelassen worden, sie hatten weder ein spielzeug noch sonst irgendetwas in ihrem zimmer. sie haben sich gegenseitig mit ihrem eigenen kot beschmiert und mit den sesselleisten gespielt. sie sind jedoch laut aussage der sozialarbeiterin sehr intelligent, z.B. hat sie erzählt, dass die kinder bei der derzeitigen pflegemutter steine in das aquarium geworfen haben, oder dass sie den gartenzaun auseinandergebogen haben um hinausklettern zu können.

d) bettina und thomas (bettina ist 2 monate alt und thomas drei jahre)
die mutter ist mit einem gewalttätigen mann zusammen, der nicht der vater der kinder ist. bei thomas sind misshandlungen sichtbar. die kinder werden der mutter abgenommen, da sie mit der miete stark im rückstand ist und sich nicht von diesem mann trennen will. die kinder werden getrennt und kommen zu verschiedenen pflegeeltern. thomas fragt ständig nach bettina und weint jeden tag in der früh, da er vom stiefvater immer geschlagen wurde weil er ins bett gemacht hatte. die kinder sind nur zusammen zu haben.

die entscheidungen in unserer gruppe waren sehr unterschiedlich. wir haben uns für martin oder saskia entschieden, weil wir gesagt haben, wir würden uns über die anderen fälle nicht drüber trauen d.h. wir hatten das gefühl diesen kinder päd. nicht gewachsen zu sein.

warum ich dir das erzähle hat einen besondern grund. die kinder sind alle bei pflegeeltern untergekommen und haben sich alle prächtig entwickelt. martin ist ein ganz ein lieber junge geworden, genauso wie saskia. die zwillinge wurden getrennt, sehen sich aber des öfteren, sie haben sich beide sehr gut entwickelt. bettina und thomas sind zusammengeblieben. beiden geht es sehr sehr gut, sie sind glücklich.

wir waren total überrascht und auch enttäuscht weil wir so von vorurteilen geprägt sind. heute denke ich anders darüber.

ich hoffe ich konnte dir einen denkanstoss geben
liebe gruesse
claudia


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Bernie
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Beitrag von Bernie »

Hallo Rike,

auch wir haben uns schon mit diesem Thema auseinandergesetzt. Pflegekinder bringen oft irgendwelche Probleme mit. Aber das kann einem mit eigenen Kindern genauso passieren. Und: Ich denke, gerade wir Kinderwünschies bringen die ganzen Nerven und Liebe auf, die ein Pflegekind braucht!. Wer in der Lage war, Partnerschaft, Beruf und Kinderwunschbehandlung unter einen Hut zu bringen, dabei nicht verrückt zu werden und auch mit den damit verbundenen Enttäuschungen klar zu kommen, hat auch die Energie, sich eventuellen Problemen zu stellen, die ein Pflegekind mitsich bringen kann.

Der Prozess, als Pflege/Adoptiv-Eltern anerkannt zu werden, ist in meinen Augen das größere Problem und der größere Stress!

Liebe Grüsse
Bernie
Schnellchen
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Beitrag von Schnellchen »

Sorry - Leute, wenn ich das lese, was Claudia hier geschrieben hat, dann kommen einem die eigenen Probs ganz nichtig und klein vor. Ich sitze hier oft und traurere mit anderen wegen eines negativem Ergebnisses oder auch aus anderen Gründen - aber jetzt sitze ich hier und mir ist einfach nur schlecht, dass Kindern so etwas angetan wird. Mich überschütteln Gänsehäute und ich würde gerne jedes dieser Kinder nehmen und ihm die Liebe geben, die es braucht!

Warum sind die Adoptionsgesetze nur so, dass man da nicht eingreifen kann und es allen nur erschwert wird.

Ich glaube, ich schreibe lieber nicht weiter. Mir platzt gerade der Kragen...

Iris
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Christiane
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Beitrag von Christiane »

Hallo Rike!

Also, ich kann mich Bernie nur anschliessen!
Wir machen auch in Kürze einen Adoptionskurs mit. Bin gespannt, was uns da so erwartet. Aber es war ein langer Weg bis dahin.
Das für uns zuständige Jugendamt ist total doof (bzw. der Sachbearbeiter) und wir haben dann darum gekämpft in unserer Nachbarstadt, wo wir vorher gewohnt haben, aufgenommen zu werden.
Wenn wir jetzt ganz viel Glück haben und nichts mehr dazwischen kommt, übernehmen die uns.

Also, laß Dich nicht von einem blöden Sachbearbeiter verängstigen oder gar abschrecken.

Liebe Grüße,

Christiane
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

Hallo nochmal,

vor allem ist es Stress, wenn einem das Jugendamt Steine in den Weg legt. Wir haben uns überregional beworben, da in usnerem Landkreis es viel zu viele Bewerber gibt. 3 Jugendämter wollten daraufhin von unserem Jugendamt den Sozialbericht, doch die wollen diesen in frühestens 6 ! Wochen erst erstellen und losschicken (dabei sind wir seit Januar anerkannte Bewerber). Die waren auch total beleidigt und sagten uns "wir geben unsrer ausgebildeteten Eltern nicht gerne her", im gleichen Gespräch rechneteten die uns aber auch vor, dass wir für ein potientielles Kind übe 20 Mitbewerber hätten...

Dazu möchte ich wirklich lieber gar nichts sagen, denn sonst platzt mir wirklich der Kragen! Das ist doch reine Schickane...

Bernie
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Flip
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Beitrag von Flip »

Die Chancen auf ein Adoptivkind sind in Deutschland wirklich sehr schlecht - aber Pflegeeltern werden in vielen Bezirken ganz dringend gesucht! Hier in Hamburg sieht es leider so aus, dass es relativ viele Dauerpflegeplätze gibt (wo das Kind also für lange Zeit oder für immer bleiben kann) es aber so gut wie keine Bereitschaftspflegeplätze gibt (eher so was wie "Durchgangsstationen" für die Kinder). Obwohl diese Plätze für die Kinder auch sehr wichtig sind, erklärt sich hierzu kaum jemand bereit...
Eine Freundin von mir hat schon wenige TAGE!!! nach Beendigung ihres Pflegeelternkurses beim JA, ein kleines Mädchen bei sich aufnehmen können (Dauerpflege). Die Kleine ist total süß und bis jetzt läuft alles sehr gut! Es kommt wohl sehr darauf an, an welches Jugendamt man gerät - es gibt da große Unterschiede!
Viele Grüße, Flip :smile:
Veronica
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Beitrag von Veronica »

Hallo Rike!!

Wir machen auch gerade einen Vorbereitungskurs für Adoptiv- / Pflegeeltern mit und haben bereits die Bewilligung des zuständigen Jugendamtes.

Wir haben während dieses Kurses erfahren, dass Pflegekinder aufgrund ihrer meist schwierigen Vorgeschichten später sehr verhaltensauffällig sein können (sie sind hyeraktiv, können sich schwer in Gruppen integrieren - Problem Kindergarten, Schule, sind aggressiv, etc.). Eine Pflegemutter hat uns erzählt, dass ihr Pflegekind gerade in der Phase ist, wo sie ihre leibliche Mutter ziemlich anhimmelt (eh klar, die kommt einmal im Monat und nimmt dann tonnenweise Geschenke mit) und ihr das sehr weh tut.

Das muss allerdings nicht immer so sein. Viele Kinder entwickeln sich ganz "normal" und sind nicht von anderen zu unterscheiden. Da kommt es natürlich auch wieder ganz auf die Vorgeschichte bzw. das Alter des Kindes bei Übernahme an.

Das Problem ist eben, dass man Pflegekinder selten direkt nach der Geburt aufnehmen kann (was natürlich am besten wäre) und das man bei einem Pflegekind regelmäßigen Kontakt mit der leiblichen Mutter haben muss.

Viele Paare wünschen sich einen Säugling, der zur Adoption freigegeben wird. Da die Wartezeiten of sehr, sehr lange sind, entscheiden sie sich dann eben für ein Pflegekind, welches auch älter sein kann.

Uns wurde erklärt, dass es nicht sinnvoll ist, wenn man sich so sehr einen Säugling wünscht, sich dann mit einem älteren Pflegekind "zufriedenzugeben", da es schwieriger wird eine echte, tiefe und liebevolle Beziehung aufzubauen, weil es ja doch eine Alternative ist. Und wenn dann auch noch viele Probleme auftauchen mit dem Kind .......

Allerdings gibt es auch bei einem Adoptivsäugling vieles zu beachten, doch das ist eine andere Geschichte :wink:

Allen anderen möchte ich nur sagen, es ist gar nicht so aufwendig mit dem Adoptionsantrag und bei dem Vorbereitungskurs haben wir so viele nette Paare kennengelernt, dass wir schon sehr traurig sind, wenn der Kurs endet. Allerdings werden wir sicher auch nachher noch Kontakt halten.

Eines ist jedoch sicher, wenn man sich für ein Pflegekind entscheidet, dann geht es meist sehr, sehr schnell (es gibt leider so viele davon). Und in vielen Fällen entscheidet sich die leibliche Mutter dann doch später noch für eine Adoptionsfreigabe.

Alles Liebe - Veronika
rike
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Beitrag von rike »

Danke an alle!
Ich höre und lese immer nur von großen Problemen mit Pflegekindern. Z.B. wäre es normal, das diese Kinder später Beziehungsprobleme bekommen und wahrscheinlich auch ihre eigenen Kinder an Pflegeeltern abgeben müssen. Außerdem gäbe es immer riesen Probleme mit den leiblichen Eltern.
Nun bin ich froh, dass hier doch einige sind, die von positiven Erfahrungen berichten können. Bei unserem JA gibt es kein Vorbereitungsseminar, sondern nur eine ca. halbjährige Kennlernphase (zwischen JA und Pflegeeltern) mit Einzelgesprächen.
Gibt es hier vielleicht jemanden, der ein Pflegekind hat? Wie hat sich eure Beziehung zum Partner verändert? Habt ihr euren Entschluß schon mal bereut?
Rike
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

hallo rike,

zum Thema Pflegekind können wir noch mit einer anderen Information dienen. Meine Frau (hier im Forum "Chris v. Bernie") war selbst ein Pflegekind. Der leibliche Vater hat einer Adoption nie zugestimmt, weil er u.A. den Ortzuschlag für Beamte behalten wollte, auch <b> versuchte </b> er, das Kindergeld widerrechtlich einzustecken... aber das ist eine andere Gescichte... Fakt ist, dass, als sie volljährig wurde der Pflegevater (die Pflegemutter war inzwischen leider gestorben) sie per Erwachsenenadoption adoptiere (rechtlich überhaupt kein Problem). Und Chris ist jetzt schon seit fast 6 Jahren mit mir zusammen!. Da sieht man, dass Pflegschaften auch sehr gut ausgehen können!!!!!

Bernie
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