Hallo
Genau Deine Gefühle kenne ich auch

und zwar genau so, wie Du sie beschreibst. Die große Sehnsucht nach einem Kind, plötzliche Weinkrämpfe in der Öffentlichkeit beim Anblick von Schwangeren oder Kleinkindern, dann wieder eine erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber Kindern, wenn ich sie irgendwo sehe. Manchmal habe ich sogar eine plötzliche immense Wut auf eine Mutter mit Kinderwagen oder auf ein kleines Kind. Da muss ich mich sehr am Riemen reißen, dass ich nicht einfach dreinschlage

Meine Gefühle erschrecken mich und machen mir Angst. Vor allem auch, weil sie so plötzlich kommen. Ich habe nie eine FG gehabt (Gott sei Dank!), bin aber nach vielen IUI, ICSI, Kryo über die Jahre auch nie schwanger geworden

Dass mich manchmal so ein Hass oder eine Aggression überfällt, wenn ich Kleinkinder sehe ist erst, seit wir beschlossen haben keine Behandlungen mehr machen zu lassen. D.h. seit ich weiß, dass ich nie Mutter werde

Oft genug bin ich inzwischen froh, dass ich keine Kinder habe. Aber die Fröhlichkeit ist gespielt, wenn ich ehrlich zu mir bin. Ich bin schadenfroh, wenn ich von meinen Freundinnen höre, dass sie mal wieder komplett übermüdet sind oder dass die Waschmaschine ununterbrochen läuft, weil mall wieder ein kleiner Hosenscheißer Brechdurchfall hat. Im Grunde bin ich neidisch und unendlich traurig, dass ich genau das nie haben werde. Es ist ziemlich schwer damit umzugehen. Und wie ich Dir genau helfen kann, weiß ich auch nicht. Wollte einfach nur sagen, dass Du mit Deinen Gefühlen garantiert nicht allein bist
Trotzdem würde ich Dir raten, mit Deinem Mann über Deine Gefühle zu sprechen. Vor allem über die Fehlgeburt. Das ist ein Erlebnis, was Euch beide ins Mark getroffen hat, vielleicht Dich noch stärker als ihn, wie Du schreibst. Aber er muss wissen, wie Du empfindest. Und vielleicht ist er genau so traurig wie Du, nur Du nimmst einfach an, dass er es nicht ist, weil er damals die Hoffnung noch nicht so schnell aufgeben und Dein Bauchgefühl nicht wahrhaben wollte

Vielleicht fällt es ihm auch einfach sehr schwer über seine Trauer zu sprechen. Vielleicht hat er Angst davor, dass er weinen muss. Bei meinem Partner ist das so, er schämt sich dafür, wenn er weinen muss. Und dabei ist er bei jedem Fehlversuch mindestens genau so traurig gewesen wie ich. Das weiß ich zumindest jetzt, im Nachhinein. In der Situation war ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt für eine Weile, dass ich auch oft jedes Wort von ihm als falsch empfunden habe. Trauer braucht ihre Zeit, und sie braucht Gemeinsamkeit. Trau Dich und sprich mit ihm offen über alles, was ihr erlebt habt. Auch über Deine Ängste in der jetzigen Behandlung und vor einer erneuten FG und dem, was sie mit Dir macht
Weil Du so einen Ratschlag nicht hören wolltest, berichte ich einfach davon, wie ich es gemacht habe: Als ich mal wieder kompett am Boden war und alle Welt (vor allem Kinder und ihre Mütter) kurz und kleinschlagen wollte, habe ich mich 3 Mal mit einer Psychologin getroffen und ihr alles erzählt, was mich bedrückt hat. Das hat mir sehr geholfen und mich befreit. Ich hatte das Gefühl, da ist jemand, der versteht mich und gibt mir die Gewissheit, dass ich nicht total reif für die Klapse bin, sondern nur einer Phase, in der ich verzweifelt und hoffnungslos bin, weil mein Lebenstraum zerplatzt ist. Sie hat mir Mut gemacht, mich wieder auf mich selbst zu besinnen. Das hat mir Kraft gegeben, und seither gehe ich mit meinen Aggressionen und anderen Gefühlen echt besser um. Ihre Adresse habe ich in der KiWu-Praxis bekommen. D.h. sie kannte sich gut aus mit KiWu-Patientinnen. Ich glaube, das ist auch wichtig, denn ich habe zu oft mit Leuten über meine Kinderlosigkeit gesprochen, die rein gar nichts verstanden haben. Ihre Ratschläge haben alles nur schlimmer gemacht. Wahrscheinlich brauch ich Dir solche Situationen nicht zu beschreiben. Die kennt jede von uns hier im Forum
Lass Dich nicht unterkriegen
p.s. Du merkst, dass mir das Thema auch auf der Seele brennt. Sonst hätte ich jetzt nicht so viel geschrieben

Mir tut es aber gut, über meine Gefühle zu schreiben. Nur so werde ich sie los, weil ich sonst außer meinem Mann kaum jemanden habe, mit dem ich darüber sprechen kann und der die Problematik von ungewollter Kinderlosigkeit versteht
