Neues Stammzellengesetz: Mail an grüne Bundestagsabgeordnete

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Gast

Neues Stammzellengesetz: Mail an grüne Bundestagsabgeordnete

Beitrag von Gast »

Hallo,
ich schreibe jetzt gleich eine Mail, die ich an die grünen Bundestagsabgeordneten verschicke, in der es um die Haltung der Grünen zum Stammzellengesetz geht. Die Mail und die etwaigen Antworten der MdBs werde ich dann hier einstellen. Wer will, kann meine Mail gerne verwenden, um einen Brief an andere Parteien daraus zu basteln - ich erhebe kein Copyright auf meinen Text :wink: und kann auch ggf. gerne beim Umformulieren helfen. Ich selbst schreibe an die Grünen, weil mich deren Haltung schon lange sehr nervt und mir kürzlich beim Lesen eines Zeitungsartikels endgültig der Kragen geplatzt ist *mecker* . Deshalb raffe ich mich jetzt zum Mailversand auf, und wenn die Antworten meinen Kragen nochmal zum Platzen bringen, dann könnte ich mich ja doch auch einmal bei der nächsten Wahl aufraffen, eine andere Partei zu wählen...
Einen schönen Gruß erst einmal
von
B.
P.S.: Hier ein Link mit einer kurzen Zusammenfassung der Positionen bei der aktuellen Bundestagsdebatte:
http://www.rp-online.de/public/article/ ... and/532735
Zuletzt geändert von Gast am 20 Feb 2008 23:02, insgesamt 4-mal geändert.
Gast

Text der Mail an die grünen Bundestagsabgeordneten

Beitrag von Gast »

Betr.: Neues Stammzellengesetz

Sehr geehrte Herr/Frau XY

in dieser Woche debattiert der Bundestag über ein neues Stammzellengesetz. Wie ich der Presse entnommen habe, wird das Parlament ohne „Fraktionszwang“ über diese Frage entscheiden. Es gibt inzwischen mehrere Vorschläge für eine Neufassung des Gesetzes. Leider hat sich aber bislang kein Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen für eine Abschaffung der bestehenden Restriktionen, wie das u.a. von den Abgeordneten Flach (FDP) und Claus (Die Linke) vorgeschlagen wird, eingesetzt.
Ich selbst wende mich nun persönlich aus einer doppelten Motivation an Sie: Zum einen bin ich bisher immer Wähler der Grünen gewesen, aber zum anderen stehe ich seit einigen Jahren aus persönlicher Betroffenheit im Dissens mit der von Bündnis 90/Die Grünen vertretenen Ansichten in Sachen Stammzellenforschung.

Im Laufe ihrer Parteigeschichte haben sich die Grünen schrittweise von vielen „fundamentalistischen“ Ansichten verabschiedet und es gelernt, stattdessen sich für eine überzeugende grüne Realpolitik einzusetzen. Dies war sicher ein ganz normaler Prozess des „politischen Erwachsenenwerdens“, den ich selbst zumeist sympathisierend im Rahmen meines eigenen „biographischen Erwachsenwerdens“ mitverfolgt habe. So hatte ich z.B. ursprünglich eine pazifistische Grundeinstellung, die mich als Schüler dazu bewogen hatte, den Wehrdienst zu verweigern. Dennoch konnte ich in den 90er Jahren den Abschied der Grünen vom Pazifismus und die Öffnung für eine Unterstützung von militärischen UN-Missionen aufgrund der europäischen Kriegserfahrungen in Ex-Jugoslawien durchaus nachvollziehen.
Die Haltung der Grünen zur Frage der Stammzellenforschung ist meines Erachtens ein Beispiel für ein Politikfeld, in dem die Partei im Öko-Fundamentalismus der 70er Jahre stecken geblieben sind. Im Verein mit der katholischen Kirche wird ein neuer, vielversprechender medizinischer Forschungszweig unter Verweis auf das ethische Gebot des Schutzes des entstehenden menschlichen Lebens abgelehnt. Diese Haltung hat im Sinne des Rigorismus der kirchlichen „Schutz des Lebens“-Ethik eine gewisse Logik. Die Grünen haben sich aber – meines Erachtens zurecht – gegen die Zumutungen dieser Ethik in der Abtreibungsdebatte gewehrt und auf die Notwendigkeit hingewiesen, zwischen dem Schutz des entstehenden Lebens und den Interessen der ungewollt schwangeren Frauen abzuwägen. Genau diese Abwägung ist aber auch bei der Stammzellenforschung vorzunehmen: Ist es richtig, entstehendes menschliches Leben bereits in einem sehr frühen Stadium zu schützen, wenn dadurch die Erforschung von Heilungsmöglichkeiten für bislang unheilbarer Krankheiten behindert wird?
Anstatt sich hier von kirchlicher Schöpfungs-Ethik leiten zu lassen, wäre es für die Grünen aus ihrer eigenen Tradition heraus eigentlich passender, sich auf Seiten der Betroffenen zu stellen. Wenn es um Gefährdungen durch den technischen Fortschritt geht, so springen die Grünen ja – und auch hier bin ich völlig einverstanden – den Betroffenen zur Seite, ob es nun um die Begrenzung des Braunkohleabbaus oder die Frage von Leukämieerkrankungen in der Nähe von AKWs geht. Menschen, die an bislang unheilbaren Krankheiten oder Gesundheitsstörungen leiden, sind aber eigentlich auch Betroffene, die die Unterstützung der Grünen verdienen, selbst wenn es hier nicht um Kritik, sondern um Befürwortung des technischen Fortschritts geht.

Wie ich eingangs erwähnte, schreibe ich Ihnen diese Mail aus eigener Betroffenheit. Vor 4 Jahren erhielt ich die Diagnose, unfruchtbar zu sein. Für meine Frau und mich war dies ein schwerer Schicksalsschlag, denn wir hatten uns beide eine Familie sehr gewünscht. Leider konnte uns auch die Reproduktionsmedizin nicht helfen, denn bei mir ist die Spermienproduktion bereits in einem frühen Stadium gestört. Die Ursachen hierfür sind unklar; möglicherweise handelt es sich um eine Störung, die bereits als Kind hervorgerufen worden ist. Wie Sie sicher gehört haben, stehen Umweltbelastungen im Verdacht, für derartige Fruchtbarkeitsstörung mitverantwortlich sein zu können.
Für Menschen mit schweren Fruchtbarkeitsstörungen stellt die Stammzellenforschung in sofern eine Hoffnung dar, als in Tierversuchen es bereits gelungen ist, aus Stammzellen befruchtungsfähige Spermien- und Eizellen zu gewinnen. Wenn dies auch beim Menschen gelingen würde, könnten auch Infertile wie ich möglicherweise doch eigene Kinder haben. Auch wenn ich selbst wahrscheinlich von derartigen Fortschritten in der medizinischen Forschung nicht mehr profitieren werde, wünsche ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen doch jedem Menschen, dass ihm ungewollte Kinderlosigkeit erspart bleibt.
Mein persönlicher Leidensdruck wird sicherlich all denjenigen, die unter unheilbaren Krankheiten oder schweren Behinderungen leiden, und die ebenfalls Hoffnungen in Therapien mittels der Stammzellenforschung setzen, zurecht eher klein erscheinen. So erinnere ich mich beispielsweise an meine Zeit als Zivildienstleistender in einer Einrichtung für Schwerbehinderte. Ein Querschnittgelähmter, um den ich mich dort täglich zu kümmern hatte, erzählte mir oft von seinem Traum, dass eines Tages die Medizin Rückenmarksverletzungen heilen könnte. Nun gibt es endlich Hoffnungen, jemandem in dieser Lage helfen zu können! Selbst wenn die Stammzellenforschung auch nur einen kleinen Teil der in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen sollte, könnte sie dennoch in vielen Einzelfällen Menschen neues Lebensglück bringen.
Bevor Sie also bei ihrer Entscheidung über das neue Stammzellengesetz der Neigung nachgeben, im Sinne der Logik des ethischen Rigorismus der Kirchen zu entscheiden, betrachten Sie bitte die Problematik auch einmal gründlich aus der Perspektive der Betroffenen, also aus Sicht der Menschen, denen es verwehrt werden soll, dass ihnen neue medizinische Forschungsmethoden in einigen Jahren bei der Überwindung bislang unheilbarer Krankheiten helfen können.
Eine Aufgabe der bisherigen Restriktionen für die Stammzellenforschung muss natürlich keineswegs bedeuten, dass man in einem zugegebenermaßen sehr sensiblen Forschungsfeld nun einfach „alles erlaubt“ wird. Strenge Kontrollmechanismen könnten gewährleisten, dass nur an medizinisch wirklich sinnvollen Projekten und im Bewusstsein der besonderen Verantwortung, die in ethischen Grenzbereichen immer besteht, geforscht wird.

Da ich mich an dem Internet-Selbsthilfe-Forum „klein-putz.net“ für ungewollt Kinderlose beteilige, werde ich mein Schreiben an Sie in anonymisierter Form zusammen mit Ihrer etwaigen Antwort dort einstellen. Die entsprechende Blogseite finden Sie unter: http://www.klein-putz.net/forum/viewtop ... 43#2242643. Aufgrund meiner schlechten Erfahrungen, die ich beim Umgang der Öffentlichkeit mit infertilen Männern gemacht habe, möchte ich Sie bitten, meinen Namen in Zusammenhang mit meinem Ihnen vorgetragenen Anliegen nicht publik zu machen.
Es würde mich freuen, wenn ich Sie mit der Darstellung meines persönlichen Falles auch dazu anregen könnte, einmal die Haltung der Grünen zu Fragen des Umgangs mit ungewollter Kinderlosigkeit zu überdenken. Das Forum „klein-putz.net“ hat zusammen mit dem Selbsthilfegruppen-Dachverband „Wunschkind e.V.“ vor der letzten Bundestagswahl einen Forderungskatalog erarbeitet, den Sie unter folgendem Link einsehen können:
http://www.klein-putz.net/forum/info.php?artikel=82
Leider fiel die Antwort der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf diese Forderungen 2005 sehr enttäuschend aus. So erfreulich ich es empfinde, dass die Grünen sich für den konsequenten Schutz vor Umweltgiften, die auch die Fertilität beeinflussen können, einsetzen, so befremdlich ist es für mich, dass die Reproduktionsmedizin von den Grünen weiterhin beargwöhnt wird, obgleich erwiesenermaßen nun einmal viele Fälle von gravierenden Fertilitätsstörungen allein mit Alternativmedizin nicht zu beheben sind. Auch tragen die Grünen mit ihrer Haltung mit dazu bei, dass Fruchtbarkeitsstörungen in unserer Gesellschaft weiterhin ein Tabuthema bleiben, obgleich mittlerweile ca. ein Fünftel aller Paare sich mit derartigen Problemen bei ihrer Familienplanung auseinandersetzen muss. Wegen vieler bestehender Vorurteile, die auch mit der Fundamentalkritik an der Reproduktionsmedizin zusammen hängen, trauen sich leider die meisten Betroffenen nicht, mit ihrer Gesundheitsstörung offen umzugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Berti
:räusper:
Gast

Beitrag von Gast »

So, 51 Mails sind versandt - bin mal gespannt wer was antwortet :grübel: :?:
Übrigens sind Mailadressen von MdBs ganz leicht über die Bundestagshomepage zu erfahren. Es hat jeder Abgeordnete einen Account nach dem Muster "N.N.@bundestag.de".
Zuletzt geändert von Gast am 14 Feb 2008 10:38, insgesamt 1-mal geändert.
Gast

Beitrag von Gast »

:meld: Und hier die erste Antwort von der Mitarbeiterin der MdB Britta Haßelmann:

"Ihre Mail ist bei uns eingegangen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, werde ich Ihr Schreiben an den entsprechenden Referenten weiterleiten, der sich mit diesem Thema sehr gut auskennt.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Maika Liebchen
Mitarbeiterin"

Dann bin ich mal auf die Antwort des Referenten gespannt, wobei mich natürlich eigentlich am meisten interessiert, wie die Grünen-MdBs sich nun bei der Debatte (heute) und der für die nächsten Wochen geplanten Abstimmung über die verschiedenen Gesetzesentwürfe verhalten werden! :-?
Gast

Beitrag von Gast »

:meld: Wenig erfreulich, aber immerhin ehrlich nun die erste Antwort aus den Reihen der Grünenfraktion - der MdB Josef Winkler schreibt:
"Ich bedanke mich für Ihre Mail vom 13.02.08.
Ich finde es erklärbar, daß Sie aus Ihrer persönlichen Betroffenheit heraus, eine grenzenlose Forschung ohne Restriktionen, so wie sie u.a. von Frau Flach vorgeschlagen wird wünschen.
Ich kann und will aber darauf verweisen, daß es keinen Grund gibt, der mich davon überzeugen wird, daß ein Mensch sein Leben ohne Einwilligung verwirken muss, um anderen Menschen evtl. einmal helfen zu können oder aber auch nicht.
Insofern wäre ich primär für ein absolutes Verbot der Forschung an Stammzellen die durch Vernichtung von Embryonen gewonnen wurden.
Als zweitbeste Lösung könnte ich eine Beibehaltung der bestehenden Regelung mit Stichtag gerade noch ertragen.
Die enormen Erfolge der Forschung an adulten Stammzellen inklusive bereits durchführbarer Therapien bei verschiedenen Krankheiten bestärken mich in meiner Überzeugung noch.
Ihre persönlichen Überlegungen finde ich trotz aller Betroffenheit über Ihre Situation in keinster Weise nachvollziehbar. Es läuft ja praktisch darauf hinaus, daß Sie fordern, daß Embryonen vernichtet werden sollen, um irgendeines Tages Ihnen zu ermöglichen selbst an der Zeugung eines Embryos teilhaben zu können. Eine weniger nachvollziehbare Begründung der Forderung Embryonen und damit menschliches Leben zu töten ist mir bisher nicht untergekommen.
Ihre an die Adresse meiner Partei gerichteten Vorwürfe im weiteren weise ich zurück.
Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass die Postionen zum Stammzellgesetz innerhalb der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unterschiedlich sind. Wenn Sie sich näher informieren wollen, kann ich Sie auf die Fraktionsseite verweisen.
Hier der Link dazu:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/bioe ... ethik.html
Mit freundlichen Grüßen
Josef Winkler

Ich habe ihm darauf folgendes heute geantwortet:
"Sehr geehrter Herr Winkler,
vielen Dank für ihre ehrliche Antwort auf meine Mail, die ich den Blog von "klein-putz" einstellen werde.
Es erscheint zunächst sicherlich sehr konsequent, wenn man so wie sie argumentiert und menschliches Leben von der ersten Zelle als "Mensch" bezeichnet und für ebenso schützenswert wie alle bereits lebenden Menschen hält. Sie argumentieren hier genau so, wie es die katholische Kirche tut, und ich kann nicht leugnen, dass formale Logik in dieser Argumentation steckt. Allerdings müssten sie dann auch - wie die katholische Kirche - konsequenterweise die bestehenden gesetzlichen Regelung zur Abtreibung ebenso wie zur künstlichen Befruchtung alle ablehnen.
Auch hoffe ich von Herzen, dass Sie selbst nie in eine Lebenssituation kommen, in der Sie sich mit den Konsequenzen dieser Schreibtisch-Ethik-Logik persönlich auseinander setzen müssen. Ich persönlich musste das, und deshalb haben sich bei mir viele frühere Positionen aus diesen Erfahrungen heraus gewandelt. Und ich kenne kaum jemanden, bei dem das in ähnlichen Situationen nicht passiert wäre. Deshalb würde ich mir sehr wünschen, dass sie sich wirklich einmal versuchen würden in die Lage von jemandem hineinzuversetzen, dessen persönliche Hoffnungen in Stammzellentherapie-Aussichten liegen, bevor sie ihre Entscheidung fällen.
Es grüßt Sie herzlich"
B., der alle Mitleser ebenso herzlich hier grüßt. Übrigens ist es erlaubt, hier Kommentare zu bloggen... genau genommen ist es sogar erwünscht :hallo:
rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Lieber Berti,

ich freue mich, dass du dich dieser Sache angenommen hast. Wir hatten hier ja diesbezüglich auch schon mehrere Auseinandersetzungen mit Politikern, insbesondere auch mit den Grünen. An eine Diskussion mit Biggi Benders zum Beispiel erinnere ich mich. Das läßt sich hier alles über deren Namen finden. Irgendwie ist mir nur zum K... zumute, wenn ich das und das, was dabei nicht herausgekommen ist, in den letzten Jahren Revue passieren lasse.

Mir fehlt im Moment gerade die Zeit, mich da einzubringen, aber vielleicht kannst du dies hier, den wahren Grund, warum die befruchtete menschliche Eizelle in christlich dominierten Ländern bereits als Mensch, als "Person" angesehen wird, mit in deine Diskussion einbringen. Nur im Christentum wird das so bescheuert fanatisch bereits ab diesem Zeitpunkt so gesehen. Andere Religionen betrachten den Zeitpunkt des Menschwerdens erst später.

+++
Früher galt der Zeitpunkt des Menschwerdens im Christentums für Jungen ab dem 40. Tag und für Mädchen ab dem 80. Tag.

Erst 1869 stellte Pius IX. fest, dass das Kind seine Seele bereits zum Zeitpunkt der Zeugung empfängt. Die Änderung im Kirchenrecht erfolgte aufgrund der "Unbefleckten Empfängnis Mariens", die Pius IX. 1854 zum Dogma erklärt hatte. Er stützte sich dabei auf den Leibarzt des Papstes Innozenz X., Paul Zacchias, der schon 1661 sagte, die vernunftbegabte Seele (anima rationalis) werde dem Menschen im Augenblick der Empfängnis eingegossen, denn sonst würde ja das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens eine vernunftlose Materie feiern. Das aber sei der allerseligsten Jungfrau "unangemessen".
Das II. Vatikanische Konzil der katholischen Kirche formulierte das dann so: „Gott, der Herr des Lebens, hat nämlich den Menschen die hohe Aufgabe der Erhaltung des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige Weise erfüllt werden muss. Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen.“
Liebe Grüße, Rebella
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rebella67
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Beitrag von rebella67 »

Man könnte auch analog sagen, man würde Menschen die Möglichkeit, gesund zu werden bzw. sich fortzupflanzen, deshalb verweigern, weil sonst dem Rotkäppchen das rote Käppchen abhanden kommen könnte.

Und dies alles in einem - nach außen hin - säkulären Staat!
Liebe Grüße, Rebella
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Gast

Beitrag von Gast »

Liebe Rebella,
schön, dass du dich hier meldest - ich hatte schon darauf gewartet, dass mal einer der PolitikspezialistInnen des Forums sich hier einbringt. Also mal sehen, ob auch noch Bea oder Gaby Ziegler oder andere hier vorbeischauen.
Dass die katholische Kirche momentan das stärkste Hindernis in unserer Gesellschaft darstellt, wenn es um Gesetze geht, bei denen Fragen des Anfangs menschlichen Lebens berührt werden, ist sicher richtig, und es ist sehr gut, einmal darauf hinzuweisen, wann denn solche Vorstellungen entstanden sind und in welchem Zusammenhang: im 19. Jahrhundert im Zuge der romantischen Renaissance der Marienverehrung. Ob da sich die Grünen so wohl fühlen sollten in der Argumentationsgemeinschaft mit katholischen Würdenträgern, sei dahingestellt. :klugscheiss: :räusper: (dass sich da das grüne Männchen nicht mal einen Hustenreiz holt :würg: ).
Ein anderer Antrieb für die Positionierung gerade der Grünen scheint mir zum einen der traditionelle Fortschrittskritik-Reflex zu sein. Der ist grundsätzlich nicht schlecht (siehe Hans Jonas, Prinzip Verantwortung: Im Zweifel über eine neue Technik sollte man lieber kritisch bleiben), aber nun hat ja die Stammzellenforschung durchaus schon interessante Ansätze gezeigt, die es meiner Meinung nach sehr lohnend erscheinen lassen, die Forschung nicht weiter zu blockieren, sondern in einem verantwortlichen Rahmen mehr Projekte als bisher zuzulassen.
Noch ein Antrieb scheint mir so etwas wie das "intellektuelle Reinlichkeitsstreben" zu sein: Man möchte als "guter Philosoph" immer am liebsten eine möglichst klare Lösung haben. Da ist es am einfachsten, wenn man bei Grenzfragen wie der Stammzellenforschung einfach sagt: Menschliches Leben beginnt mit der ersten Zelle und muss folglich von da an den vollen Schutz genießen. Das ist das, was ich als "Schreibtisch-Ethik" bezeichne, denn auf dem Papier besticht das ja ganz ungemein, solange man sich nicht fragt, was eine solche "reinliche" Ethik eigentlich für Folgen hat für Menschen, denen mithilfe einer der so verhinderten medizinischen Forschung geholfen werden kann. Da sind viele Intellektuelle ja auch gerne ganz rigide gegenüber praktischen Folgen, so lang die Idee bestechend ist.
Bei allem Ärger *mecker* über die Grünen :klugscheiss: mit ihrer mehrheitlichen Haltung :würg: zum Stammzellengesetz oder auch zu gesetzlichen Regelungsfragen bei der Reproduktionsmedizin muss ich aber auch feststellen, dass ich gerade bei der Stammzellendebatte erkenne, dass sich der Wind zu drehen beginnt. Es sieht ja so aus, wie wenn zumindest eine Stichtagsverschiebung zum 1.5.2007 eine Mehrheit bekommen könnte, und es mehren sich die Stimmen, die von der alten Blockade abrücken - zwar nicht bei den Grünen, aber z.B. auch bei der CDU und SPD. Oder sollte mir doch mal noch einE grüneR AbgeordneteR schreiben, der inzwischen die Sache doch anders sieht? :hoff: Weihnachten ist zwar vorbei, aber man darf das Hoffen ja nicht aufgeben. Ansonsten, wenn die Hoffnung trügen sollte, sollten die Grünen sich doch mal einfach für eine Extraaudienz beim Papst anmelden :verneig: und sich dann von den Grünen :klugscheiss: anschließend umbenennen in "Die Purpurnen" :pah:
Das würde mich dann allerdings ratlos machen, wen ich künftig wählen soll :?:
In diesem Sinne grüßt :roll: euch
B.
JBB
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Beitrag von JBB »

Na Berti, hast du uns doch wiedergefunden. Das Thema lässt einen nie wieder so richtig los, oder?

Ich verfolge zwar noch die Diskussionen und gebe hier und da meinen Senf ab, aber meine heisse Kampf Phase ist vorbei. Das liegt hauptsächlich an der Enttäuschung über die Lethargie der Betroffenen. Es könnten Millionen auf die Straße gehen und ihren Ärger zeigen. Satt dessen kämpfen hier zwei bis fünf Einzelne.....Das macht irgendwann einfach keinen Spaß mehr.

Ausserdem kümmere ich mich im Moment hauptsächlich um meinen beruflichen Wiedereinstieg.

Sowohl über die Grünen als auch über die Kirchen habe ich mich in meinem Leben schon genug geärgert. Zu mehr habe ich keine Lust :wink:

Die Konsequenzen habe ich jedenfalls gezogen: Wir sind damals beide aus der Kirche ausgetreten und ich wähle als grüne Ex-Wählerin nun anders....

Mein Vorschlag zur Änderung des deutschen Wahlrechts: Das Baukastenprinzip: "Ich wähle die Umweltpolitik der Grünen, die Wirtschaftspolitik der .......usw *g* "

Abschließend möchte ich dir noch sagen, dass ich deinen Brief gut gelungen finde. Ich habe ihn gerne gelesen und drücke die Daumen, dass du etwas bewegen kannst. *dd*

Alles Gute für dich!!!
Liebe Grüße
Bea

mit zwei erwachsenen ICSI Kindern
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Bea,
ein schönes Familienbild hast du als "Wappen"!
Deinen Frust kann ich gut verstehen; etwas entschuldigt sicher die Menschen, die hier im Forum schreiben, dass sie ja alle meistens eine schwere Belastung gerade haben, denn das ist eine KiWu-Phase immer. Und da kann es vorkommen, dass man es nicht schafft, sich um irgend etwas anderes noch zu kümmern. Aber ganz erklärt das die geringe Bereitschaft, sich für seine eigenen Interessen auch einmal auf einer politischen Ebene einzusetzen, auch nicht.
Mich hat die KiWu-Phase übrigens auch dazu gebracht, meine Kirchensteuerzugehörigkeit zu ändern, aber ich habe "nur" die Konfession gewechselt, weil ich die Tür zur Kirche nicht ganz zuschlagen wollte. Aber katholisch zu bleiben, habe ich einfach nicht mehr ertragen, als in Italien 2005 ein Referendum über Gesetzgebungsfragen der künstlichen Befruchtung erschien und katholische Kardinäle hier sich nicht entblödeten, eine Vergleich zum Holocaust zu ziehen. Die Keule hat die katholische Kirche ja auch schon in der Abtreibungsdebatte geschwungen, wo sie schon absurd war, aber hier war das für mich einfach auch persönlich unerträglich. Mit den Positionen der evangelischen Kirche bin ich zwar auch oft nicht einverstanden, aber es ist doch immerhin Diskussionsspielraum vorhanden. Z.B. gibt es auch bei der Stammzellenfrage inzwischen gar nicht so wenige Befürworter einer Erleichterung der Forschung, auch wenn Bischof Huber weiter für die 2002-Deadline eintritt. Für mich macht es aber schon einen Unterschied, ob eine Kirche kontrovers diskutiert, oder ob von oben Lehrmeinungen vorgegeben werden und es dann allenfalls "an der Basis" Abweichler gibt, die eigentlich nichts zu sagen haben und ggf. sogar mit Sanktionen zu rechnen haben, wenn sie ihren Mund zu weit aufmachen.
Apropos Wählen: Wenn es mehr direkte Demokratie gäbe, könnte man auf diese Weise vielleicht manche Einzelfragen gegen Parteiblockaden durchsetzen. Alternativen zu den Grünen sind aber auch nicht leicht wählbar, muss ich zugeben: Bei der Linkspartei zeigt sich ja gerade wieder, wie viel ideologische Altlast da noch mitgeschleppt wird. Bevor diese Partei nicht eine klare Trennlinie zieht zur marxistischen Orthodoxie (DKP, Linksruck oder irgendwelche schon beerdigt geglaubte K-Gruppen-Reste), sind sie für mich nicht wählbar. Die SPD wird ohne Schröder/Clement wieder wählbarer, das könnte noch eine Alternative sein. Die FDP entspricht zwar in Fragen von Reproduktionsmedizin und Stammzellen weitgehend meinen Vorstellungen, aber dafür müsste ich sonst jede Menge Kröten schlucken.
Nun, mal abwarten, was mir die Grünen noch schreiben - jetzt sind in Bayern erst einmal Kommunalwahlen, und da kann ich nach anderen Gesichtspunkten entscheiden als bei der nächsten Bundestagswahl.
In diesem Sinne einen bayerischen Gruß für heute abend *bier*
von B.
Antworten

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