Zulassung PID in Deutschland

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Lina
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Zulassung PID in Deutschland

Beitrag von Lina »

Bei den Beratungen des Ethikrates wurde ja letztlich auch über die Zulassung der PID in Deutschland gesprochen, wobei sich wohl die Mehrheit des Ethikrates dafür ausgesprochen hat, die Parteien aber mehrheitlich dagegen waren (bis auf die FDP).

Sollte man da nicht auch mal eine Anfrage machen.

Ich bin eine Betroffene, für die PID eine Möglichkeit wäre, weiteres Leid und Probleme zu verhindern. Ich hatte in den letzten 14 Monaten 5 Frühestaborte und 2 Fehlgeburten. Bei der letzten FG wurde bei der Chromosomenanalyse eine Trisomie 13 festgestellt. Natürlich ist mein Alter (bin noch 41) ein Faktor, der eine wesentliche Rolle spielt, was mir auch klar ist. Aber letztendlich wird mir nichts anderes bleiben, als zu einer IVF mit PID ins Ausland (Belgien) zu gehen, damit ich weiß, dass ich gesunde Embryonen zurückbekomme.

Was ich bei der Diskussion nicht verstehe, ist die Schizophrenie, die hier herrscht. Man will PID nicht erlauben, weil sich gewisse Behinderte, die vielleicht an den Krankheiten leiden, die hier als "aussonderungswürdig" bezeichnet würden, als diskrimiert empfinden könnten.

Ich als Frau darf IVF/ICSI machen. Ich darf Embryonen zurückbekommen und damit schwanger werden. Ich darf eine Fehlgeburt erleiden, Ausschabung haben und dann bei der Untersuchung feststellen, dass das Kind krank oder nicht lebensfähig war. Ich darf eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen und dann feststellen, dass das Kind krank oder nicht lebensfähig ist und daraufhin eine Abtreibung vornehmen lassen. Aber es darf nicht im Vorfeld untersucht werden, ob der Embryo krank ist, womit mir als Frau vielleicht viel Leid erspart bliebe, viele Enttäuschungen und viele körperliche und seelische Belastungen. Wird daran auch gedacht?

Es geht doch nicht darum, dass ich aussortieren will, ob es ein Junge oder Mädchen, blau- oder braunäugig, blond oder dunkel, mit musischer, mathematischer, sprachlicher oder sonstiger Begabung ist. Ich möchte doch nur sicher sein, dass mir wenigstens beim Transfer ein gesunder Embryo eingesetzt wird - die weiteren Risiken kann ich sowieso nicht beeinflussen. Ist das so viel verlangt?

Ich würde mich über weitere Meinungen zu diesem Thema freuen.

Carolyn
Carolyn mit Leo (*26.01.2001), Mia&Noah (*20.04.2004) und 8*

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"Aufgeben ist das Letzte, was man sich erlauben darf."
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Birgit~
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Beitrag von Birgit~ »

Liebe Carolyn,

die Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch etwas ändert, gebe ich zwar nicht ganz auf, aber durch unsere Geschichte wird von vielen Entscheidungsträgern vieles unter extremen Vorbehalt gesehen.
Ich teile diese Meinung nicht,aber im Moment machen besonders die Behindertenorganisationen mit Ihrer Aktion "1000fragen.de" Stimmung gegen PID.
Dort scheinen "nicht passende" Beiträge gelöscht zu werden und die "Dossiers" sind leider auch tendenziös gefärbt und nur auf kontra-IVF/PID angelegt zu sein

eine Einschätzung unseres Bundeskanzlers dazu, welche Gruppen besonders Ihre Meinung in der Öffentlichkeit vertreten, gab es schon 2001 in einem offenen Brief an die "Zeit",
Zitat:
"Wenn denn überhaupt eine Position in aller Deutlichkeit vertreten worden ist, dann doch wohl eine religiös-theologisch-(fundamentalistisch) begründete Ablehnung von Biomedizin und Gentechnik.
Manchmal bin ich schon verwundert, welche merkwürdigen Bündnisse sich aus christlichem Wertkonservatismus und linksalternativer Technologiekritik so ergeben.."
Quelle:
http://www.zeit.de/2001/31/Wissen/print ... rpost.html

Es ist natürlich wichtig, sich trotzdem weiter engagieren, wie das bereits einige aus dem KLein-putz Forum gemacht haben.(siehe unten)
Auch auf der Seite
http://www.eizellspende.de/phpBB/viewto ... forum=17&3
ist seit kurzem ein engagierter, persönlicher Brief von Betroffenen an die Entscheidungsträger veröffentlicht..

Vielleicht ist aber auch Pragmatismus für eine Erfüllung des Kinderwunsches wichtig und es sinnvoller, rechtzeitig eine Behandlung im europäischen Ausland anzustreben... besonders nach Deinen traurigen Erfahrungen...?

Im Moment habe ich leider eher eine kritische Haltung zu unserer Gesellschaft und überlege selbst, ob ich vielleicht noch eine IVF im Ausland machen lasse...

Liebe Grüße, Birgit (40)
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Pebbles
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Beitrag von Pebbles »

Hallo ihr !

Wisst ihr was mich am meisten an dieser ganzen Debatte stört ? Nicht nur von den Behindertenorganisationen sondern sozusagen von den Normalen ?

Genau diese Leute helfen doch am wenigsten ! Macht da mal einer Babysitter bei einem agressiven 35jährigen ?
Ich kenne persönlich Betroffene. Denen hilft doch kein Mensch. Überall darfst du dich für dein behindertes Kind anmachen lassen. Für Unterstützung dir dir zusteht, kann man sich den A***** aufreissen. Ist das Kind im Heim ist es verkehrt (böse Eltern), ist es zuhause und diese müssen von Sozialhilfe leben, sind es Schmarotzer.
Viele Frauen machen doch eine FU, weil sie genau wissen, mit einem behinderten Kind sind sie praktisch Gebrandmarkt. Viele Frauen sagen auch, mit mehr Hilfen hätten sie dann nicht abgetrieben.

Warum kann man dann nicht mit der PID Leid und Kummer im Vorfeld verhindern ?

Auch wenn dann immer beschworen wird, dann läst jeder IVF machen und es gibt nur noch Designerkinder. Es läst nicht jeder IVF machen. Ich glaube nicht das sich das jemand freiwillig antut, der auf normalen Wege schwanger werden kann.
Komisch auch das sich die KK so betont raushalten. PID müsste doch auch in derem Interesse liegen, so kann man sich schliesslich Kosten sparen. Es kann ja immer zu einer SS kommen, dann eine Fehlgeburt und man hat wieder vier Versuche.

Da wird immer soviel zusammen geworfen. PID, Abtreibung, DesignerKinder und das meistens von Leuten die sowieso keine Ahnung haben. Wenn aber andere zu faul zum verhüten sind und treiben dann halt mal ab, ist das auch in Ordnung.

Viele Grüsse pebbles
nellie
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Beitrag von nellie »

Hallo,

auch in meinen Augen wäre die PID eine grosse Schritt zu einer humanen Regelung.Für Einige ist die Wahrscheinlichkeit aus unterschiedlichen Gründen für eine Annomalie bei bis zu 95%.
Bei einem gewissen nachgewiesenen Prozentsatz an Wahrscheinlichkeit für eine Anomalie sollte unbedingt die PID erlaubt und sogar bezahlt werden.

Hoffentlich entwickelt sich die Gesetzgebung in Richtung zu einer humaneren Entscheidung.

Jetzt haben wir ab Deutschland PID Tourismus , da PID viel menschliches Leid erspart.


Nellie :o
Petal
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Beitrag von Petal »

Hallo Mädels,

Liebe Pebbles,

auch ich gehöre zu den"Egoisten" die kein schwerbihindertes Kind, geschweige denn 1 MIO FG haben will.

Ich kann das Thema bald nicht mehr hören! Man wagt es sich hier über Betroffene zu entscheiden. Wir haben eine Translokation, die leider keine lebensfähigen Kinder hervorbringt. D.h. es gibt bei uns immer eine FG, wenn das Baby diese Translokation unbalanciert "geerbt" hat. Echt ein tolles Erlebnis, kann ich nur weiterempfehlen!!!!!!!!!!

Wir stehen jetzt auch vor Brüssel. Die Ablehung der KK habe ich erhalten. D.h. wir dürfen hier fleißig zahlen, nur, weil wir ein gesundes Kind uns wünschen.
Lieber nimmt die KK weiter Versuche auf sich und zahlt für weitere FG,als den Betrag einmal in die PID-ICSI zu sponsoren, denn PID ist verwerflich! Wir sind schon schlimme Menschen, wollen das DesignerBaby, daß einfach nur gesund sein soll. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich wünsche jedem Verneiner der PID eine IVF-Behandlung eine Fehlgeburt hinterher und dann zur Abwechslung mal ein negativ, weil man / frau einfach nicht mehr kann!!!


Sorry für meine Agressionen...aber so bin ich nunmal zu dem Thema "drauf"
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Birgit~
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PID + gesellschaftliche Folgen ?

Beitrag von Birgit~ »

Hallo Petal,

Deine Gefühle sind nur berechtigt...

...zur Ergänzung der Diskussion:

wer Lust hat, mag vielleicht den Artikel von Herrn van den Daele (Ethikrat-mitglied ) lesen, der belegt, daß eine Freigabe von PID nichts mit einer Diskriminierung Behinderter zu tun hat:

http://www.zeit.de/2002/41/Wissen/20024 ... daele.html

dort ist eine ganze Sammlung von Artikeln zum Thema PID:
http://www.zeit.de/schwerpunkte/wissen/pid/index

LG Birgit
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Lina
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Beitrag von Lina »

Und bei den ganzen Überlegungen stellt sich ja auch die Frage, wie es in den Ländern, wo PID erlaubt ist, denn nun mit den Designer-Babys aussieht. Gibt es da tatsächlich einen höheren Prozentsatz? Ich denke nicht. Niemand wird ohne Grund eine IVF oder ICSI über sich ergehen lassen. Das macht man nicht eben "mal so", weil einem nichts besseres einfällt. Und wenn zu dem Leidensdruck der ungewollten Kinderlosigkeit auch noch das Damoklesschwert der Fehlgeburt und/oder der Abtreigung als Auswahlmöglichkeit zum behinderten Kind bleibt, dann ist doch irgendwann das Maß voll.

Ich gebe zu, ich würde auch ein Kind mit einer "geringeren" Behinderung nciht wollen, sprich abtreiben lassen. Mein Mann und ich sind beide 41 und wir haben einen gesunden Sohn von 2 Jahren (nach vielen Versuchen bekommen). Was würden wir ihm antun, wenn ein behindertes Geschwisterchen dazu käme? Wie lange könnten wir uns um das behinderte Kind wirklich kümmern? Rein alterstechnisch. Da wollte ich mich nicht auf den Staat als Betreuung verlassen müssen.

natürlich kann einem keiner eine Garantie geben, es kann immer unter der Geburt oder auch durch einen Unfall etwas passieren. Aber ganz am Anfang sollten doch wenigstens mal die Bedingungen optimal sein.

Es geht ja auch nicht darum, dass bei jeder IVF/ICSI standardmäßig eine PID gemacht werden soll. Sondern nur in den Fällen, bei denen es wirklich relevant wäre. Und da könnte man immer noch Richtlinien anlegen. Aber so ein generelles Verbot? Nein, dass ist nicht richtig.

Carolyn
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Petal
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Beitrag von Petal »

Hinzu kommt die Argumentation, daß das DesignerBaby das Schlupfloch der Gegner zu seien scheint.
Denn in England, als auch in GB teilte man uns mit, daß sie die PID nur dann anwenden würden, wenn sie auch indiziert sei, d.h. im Falle habitueller Aborte, bekannter Translokationen oder anderen genet. Defekten und einer schweren Erbkrankheit eines der Elternteile.
Wenn diese Voraussetzungen jedoch alternativ vorliegen, dann wird ohne Nachfrage PID angewandt.
In GB müssen diese Fälle sogar gemeldet werden.

Das reicht meines Erachtes völlig aus, um Mißbrauch zu umgehen.
Petal mit den Twins Annabel und Jacob
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Birgit~
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Beitrag von Birgit~ »

Hallo Petal,
leider gibt es in den USA (wo sonst auch...)in Zusammenhang mit Eizell- und Samenspende wirklich so eine Art "Bestellkatalog"
mit Beschreibung vom IQ der Spender, Aussehen,...usw.
Das halte ich auch für äußerst bedenklich, das hat eine andere Dimension,
Was zum Beispiel ein Arzt in Valencia im TV-Bericht sagte :
die Ärzte (nix Katalog , Collegeabschlußdaten..)
suchen eine Eizellspenderin aus, die vom Typ(Aussehen) her ungefähr zu der Empfängerin passt, es gibt keine Prospekte..das halte ich für angemessen, vermutlich wird das bei der HI in Deutschland auch so gehandhabt...
Auch wegen dieser Tendenzen in USA wird es bei uns nicht erlaubt werden.
LG Birgit
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Lina
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Beitrag von Lina »

Liebe Birgit,

danke für den Artikel von Herrn van den Daele. Genau so würde ich es auch sehen. Das ist doch alles sehr vernünftig und rational.. Warum ist es dann so schwer, PID einfach zu befürworten. Meine Angst ist auch, dass sie es vielleicht irgendwann machen, es dann aber zu spät für uns ist. So viel Zeit bleibt uns einfach nicht mehr. Und deshalb wird unser Weg wahrscheinlich ins Ausland führen. Die Technik ist da, das Know-How ist da, aber es darf nicht gemacht werden. Und letztendlich: Was ist Polkörperchendiagnostik anderes als Selektion?

Carolyn
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